Im Gaddafi-Bunker von Tripolis

Saif soll Bewachern Millionen-Versteck gezeigt haben

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Unterdessen versinkt Libyen im Chaos: Die UNO warnt.

Anfang der Woche sei Saif al-Islam Gaddafi  "streng geheim für einige Stunden nach Tripolis gebracht worden“, heißt es aus Tripolis. In der libyschen Hauptstadt soll der Sohn des getöteten Wüstendiktators, Muammar Gaddafi, im Bab al-Aziziya Bunker seinen Wärtern ein Geldversteck gezeigt haben. Dort, wo Gaddafis legendäres Zelt postiert war – mittlerweile sind die Häuser dem Erdboden gleich gemacht worden – sollen Millionen von Dollars versteckt sein, behaupten zumindest libysche Quellen.

Gefangen im Privathaus
Der 39-jährige Gaddafi-Sohn wurde dann zurück nach Zintan gebracht, wo er seit 20. November in einem Privathaus Gefangener ist. Wie berichtet, hat Sai al-Islam nach wie vor keinen Zugang zu einem Anwalt seiner Wahl erhalten. Im Gegenteil: Er wird von Vertretern des Nationalen Übergangrates offenbar täglich einvernommen – ohne juristischen Beistand. Das offizielle Libyen will den ehemaligen Playboy, der im Westen lange Zeit als "Reformer“ galt, wegen mutmaßlichen Kapitalverbrechen in Libyen vor Gericht stellen.

Der Justizminister wirft Gaddafi mutmaßliche Anstiftung zu „Mord und Vergewaltigung“ vor. Der Internationale Gerichtshof – er hatte im Juni einen Haftbefehl gegen Saif Gaddafi wegen mutmaßlicher „Verbrechen gegen die Menschlichkeit“ erstellt – befindet derzeit darüber, ob Libyen den 39-jährigen tatsächlich in seiner Heimat vor Gericht stellen können.

Grundsätzlich müssten die Zeichen dafür schlecht stehen: Denn noch ist keinerlei Justizsystem im nordafrikanischen Land zu erkennen.

Am Mittwoch hat sich der UNO-Beauftragte für Menschenrechte, Navi Pillay, mit warnenden Worten an die freie Welt gerichtet: Die ehemaligen Revolutionsmilizen – sie beherrschen derzeit schwer bewaffnet das Land – liefern sich mittlerweile gegenseitige Machtkämpfe. (ÖSTERREICH berichtete. Hier geht's zum Artikel >>)

Gefängnisse überfüllt
Zudem werden über 8000 Menschen in Gefängnissen quer durch Libyen festgehalten. Auch ihnen werden Anwälte verwehrt. Zudem hat das rote Kreuz nun moniert, dass diese angeblichen Kämpfer Gaddafis, systematisch gefoltert würden. Bei den Gefangenen handelt es sich mehrheitlich um Menschen aus anderen afrikanischen Ländern. Die Bewohner aus Tawergha leben mittlerweile in „Camps“ und sind kontinuierlichen rassistischen Übergriffen ausgesetzt, wie auch die UNO vermerkt.

Die Organisation „Ärzte ohne Grenzen“ hat am Donnerstag ihre Arbeit in Misratha – die Milizen dieser Stadt hatten am 20. Oktober Muammar Gaddafi und seinen Sohn Mutassim gefunden und getötet – aus Protest gegen „anhaltende Folter von Gefangenen“ eingestellt.

Immer wieder werden Videos auf YouTube gezeigt – deren Inhalte sich unabhängig nicht verifizieren lassen – , in denen zu sehen ist, wie Gefangene von Miliz-Kämpfern gefoltert und getötet werden. In Benghazi, der Stadt, in dem der Aufstand gegen Gaddafi begonnen hatte, kam es in den vergangenen Tagen ebenso zu Schusswechseln wie in Tripolis. Die Sicherheitslage in Libyen verschlechtert sich zunehmend. Und die Menschrechtslage erinnert an die dunklen Zeiten Muammar Gaddafis.

Sein Sohn, Saif Al-Islam, sieht nun der Todesstrafe entgegen. Es sei denn, der Internationale Gerichtshof, entscheidet doch noch auf seiner Überstellung nach Den Haag zu bestehen.

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Gaddafi getötet: Sein Leben in Bildern

Gaddafi wurde im September 1942 in einem Zelt in der libyschen Wüste in der Nähe der Küstenstadt Sirte geboren.

Später besuchte er die Militärakademie in Bengasi und ging für ein halbes Jahr zur weiteren Ausbildung nach Großbritannien.

An die Macht kam der damals 29-Jährige am 1. September 1969 - vor genau 42 Jahren.

Auf seine Reisen nahm er stets ein Beduinenzelt mit. Gewohnt hat er allerdings in Luxus-Hotels.

Historische Aufnahme: Gaddafi mit Kubas Revolutionsführer Castro.

Jörg Haider war gern gesehener Gast in Libyen.

Auch Obama machte ihm seine Aufwartung

Der von ihm gegründete Bund der "Freien Offiziere" hatte den greisen König Idriss in einem unblutigen Putsch vom Thron gestoßen.

Gaddafi wollte stets in die Fußstapfen des charismatischen Araberführers Gamal Abdel Nasser aus Ägypten treten.

Dieser sagte kurz vor dem Tod sagte: "Du bist mein Sohn und mein Erbe."

Mit seinen theaterreifen Auftritten und seiner Frauenleibwache sorgt er immer wieder für Aufsehen - mal im weißen Beduinengewand, mal in Operettenuniform oder italienischem Designeranzug

Gaddafi liebt die Provokation - und ist immer für eine Überraschung gut.

Berlusconi zählte zu seinen Freunden.

Zu Italien unterhielt er exzellente Beziehungen.

Jetzt ist das Ende des Wüsten-Fuchses gekommen. In Tripolis haben die Rebellen die Macht übernommen. Am 20. Oktober 2011 wurde er in Sirte getötet.

Handshake mit Alfred Gusenbauer, 2007.

2005 bei einem Immigrations-Gipfel noch ohne Bart.

Ausstraffiert besuchter er 2009 den italienischen Präsidenten Giorgio Napolitano.

Gaddafi zeigte sich gerne als Familienmensch. Hier in einem Homevideo mit seiner Enkelin aus dem Jahr 2005.

Auch bei Romano Prodi war Gaddafi 2004 zu Gast.

Im April 2011 glaubte er noch ein einen Sieg im Kampf gegen die Rebellen.

2010 war für Gaddafi noch alles in Butter.

Mittlerweile wurden beide entmachtet: Hosni Mubarak (l.) und Muammar Gaddafi, anno 1991.

2010: Staatsoberhäupter als Kumpels. Gaddafi lehnt lässig auf den Schultern des yemenitischen Präsidenten Ali Abdulla Saleh und des ägyptischen Präsidenten Hosni Mubarak.

2007 war zwischen Gaddafi und Sarkozy noch alles in Ordnung.

Beim G8-Gipfel 2009 in L'Aquila trafen sich Obama und Gaddafi persönlich.

Die letzten Minuten in Gaddafis Leben

Der ehemalige libysche Machthaber Muammar al-Gaddafi ist offenbar noch lebend in die Hand der Aufständischen gefallen

In einem von Al-Arabija und CNN ausgestrahlten verwackelten Video soll Gaddafi zu sehen sein, wie er von Milizionären umringt wird.

Er scheint noch auf eigenen Beinen zu stehen und zu wanken

Sein Hemd ist blutgetränkt. Er scheint zu sprechen und seine rechte Hand zu bewegen.

Auf späteren Bildern ist der tote Gaddafi zu sehen. Ein Arzt im Krankenhaus von Misrata bestätigte nach einer Untersuchung, Gaddafi sei am Kopf und am Bauch von Schüssen getroffen worden.

Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International fordete eine Untersuchung der Todesumstände.

Tod in Sirte: Al-Jazeera zeigt Gaddafis Leiche

Diashow - Staatsbesuche: So traf Gaddafi die Welt - BILDER

18.April 2004: Gaddafi empfängt Jörg Haider, Hubert Gorbach und Ursula Plassnik in Tripolis.

4.Mai 1999: Gaddafi empfängt die damalige österreichische Staatssekretärin Benita Ferrero-Waldner (ÖVP) in seinem Beduinenzelt in Tripolis.

9. Juli 2009: Begegnung zwischen Gaddafi und US-Präsident Obama auf dem G8-Gipfel im italienischen L'Aquila

10. Juni 2009: Gaddafi landet, beschützt von seiner weiblichen Leibgarde, auf dem Flughafen Ciampino in Rom.

29. August 2010: Gaddafi ist wieder in Rom zu Gast. Kurz nach der Landung auf dem Flughafen Ciampino.

10. Juni 2009: Gaddafi bei einem Staatsbesuch im römischen Quirinalspalast, dem Amtssitz des italienischen Staatspräseidenten.

30. August 2010: Gaddafi lauscht in Rom einer Rede von Italiens Ministerpräsidenten Berlusconi.

22.Februar 2011:Gaddafi bei einer Kranzniederlegung in der weißrussischen Hauptstadt Minsk.

19. Februar 2005: Gaddafi bei einem Treffen mit dem mittlerweile ebenfalls gestürzten ägyptischen Präsidenten Hosni Mubarak in Kairo.

10. Oktober 2010: Gaddafi mit dem jemenitischen Präsidenten Saleh und Ägyptens damaligem Staatschef Mubarak.

21.April 1992: Gaddafi mit dem inzwischen ebenfalls gestürzten ägyptischen Machthaber Hosni Mubarak in der Grenzstadt Sidi Barrani.

12. Jänner 1986: Gaddafi empfängt US-Journalistinnen in seinem Zelt in Tripolis.

8. März 2011: Gaddafi bei einem Interview mit einem türkischen TV-Sender im Hotel Rixos in Tripolis.

27. September 2009: Gaddafi beim USA-Südamerika-Gipfel auf Margarita Island.

27. April 2004: Gaddafi vor einem Engels-Bild im Büro des damaligen EU-Kommissionspräsidenten Romano Prodi.

25. Juli 2010: Gaddafi bei der Eröffnung des Gipfels der Afrikanischen Union in Munyonyo, Uganda.

31. Oktober 1996: Gaddafi bei einem Meeting in Tunis.