Bundespräsident zog positive Bilanz seiner Israel-Visite - 'Niederschmetternder' Besuch in Yad Vashem.
Bundespräsident Alexander Van der Bellen hat zum Ende seines Staatsbesuchs in Israel eine positive Bilanz gezogen. "Im Vorfeld hatte ich schon ein bissel Bauchweh, ich weiß eigentlich gar nicht warum. Jetzt am Ende des Besuchs - einen freundlicheren Empfang von beiden Seiten, Israel und Palästina, kann man sich eigentlich gar nicht vorstellen", sagte der Bundespräsident.
"Was Israel betrifft, hat sich aus einer schwierigen Vergangenheit eine lebendige Freundschaft und ein lebendiger Respekt entwickelt. Das ist eine gute Nachricht auch für unsere Wirtschaftsbeziehungen", so Van der Bellen.
Der Besuch in der Holocaust-Gedenkstätte Yad Vashem ist für Van der Bellen jedes Mal "ganz furchtbar, weil die ganze Vorgeschichte so niederschmetternd ist". Diese gemeinsame Geschichte werde Österreich und Israel weiter begleiten. "Es ist nicht erledigt, es ist nicht bewältigt. Beide Seiten kennen die Geschichte. Israel hat seine Konsequenzen daraus gezogen, was die Sicherheit betrifft, Österreich auf andere Weise auch, und die paar Verrückten, die es nie lernen werden, mit denen müssen wir auch leben."
Zeiten hätten sich verändert
Die Zeiten hätten sich aber verändert. Als er in den 1960er-Jahren an der Universität Innsbruck studiert hatte, war die Hochschülerschaft dort zu 70 Prozent vom katholischen Cartellverband und zu 30 Prozent vom Ring Freiheitlicher Studenten (RFS) dominiert. Heute sei der RFS eine kleine Einheit. "Es ist einfach viel diverser, liberaler, vielfältiger geworden, was die intellektuelle Szene betrifft. Der Oskar Deutsch wird schon recht haben mit den 50 Fällen. Das muss man schon ernst nehmen, ich will das nicht bagatellisieren, aber ich will es auch nicht dramatisieren."
Unverbesserlichen Ewiggestrigen empfiehlt Van der Bellen einen Besuch in Yad Vashem oder anderen Holocaust-Gedenkstätten. "Alle, die aus irgendeinem Grund glauben, dass Menschen jüdischen Glaubens etwas Negatives an sich haben, denen rate ich dringend, einmal nach Jerusalem zu kommen und Yad Vashem zu besuchen." Wobei Van der Bellen betont, dass es dabei nicht nur um jüdische Geschichte geht, sondern was man ganz allgemein daraus schließen kann: "Die Verletzung der Grund- und Freiheitsrechte, die Unterdrückung, Verleumdung und Diskriminierung von Minderheiten, so hat's angefangen."
Beeindruckt zeigte sich das Staatsoberhaupt von der israelischen Start-up-Szene und der Zusammenarbeit von staatlichen Organisationen, Militär und Universitäten, die ihr Know-how gemeinsam in Firmengründungen übersetzen. In wirtschaftlicher Sicht brauche sich Österreich aber nicht verstecken. Die Wirtschaftsleistung (BIP) pro Kopf sei in Österreich fast um 20 Prozent höher als in Israel. Österreich könne in der Welt ruhig "ein bisschen mehr Selbstbewusstsein" zeigen.
"Schöne Begegnungen"
"Schöne Begegnungen" hatte der Bundespräsident mit Studenten in Tel Aviv und Schülern in Givat Haviva, wo israelische, palästinensische und internationale Jugendliche gemeinsam am Unterricht teilnehmen. "Da sieht man ein anderes Israel, als die Mehrheitsregierung verkörpert, das Bemühen Palästinenser und Israelis und andere Menschen zusammenzubringen."
Mittwochabend traf Van der Bellen in Tel Aviv noch Auslandsösterreicher und Wirtschaftstreibende und konnte dabei auch den früheren SPÖ-Kanzler Christian Kern im neuen Look mit Dreitagebart begrüßen, der inzwischen gemeinsam mit seiner Frau als Unternehmer in der israelischen Start-up-Szene aktiv ist. "Eine Woche pro Monat", wie Kern erzählte. Donnerstagvormittag stand für Bundespräsident Van der Bellen als letzter Punkt ein Treffen mit Holocaust-Überlebenden auf dem Programm.