Kanzler ist gegen Öl- und Gasembargo: ''Das ist wenn man sich ins linke und rechte Bein gleichzeitig schießen würde.''
Brüssel. Bundeskanzler Karl Nehammer (ÖVP) hat betreffend der Pläne der EU-Kommission, EU-Staaten müssen ihre Gasspeicher bis 1. November jedes Jahr zu 90 Prozent gefüllt haben, auf Solidarität gepocht. Österreich gehöre zu den Ländern mit den größten Gasspeichern, vor allem in Relation zur Bevölkerung, erklärte Nehammer nach dem EU-Gipfel am Freitag in Brüssel. "Wenn wir gemeinsam viel Gas einspeichern sollen, dann braucht es eine Lastenverteilung."
Das Vorhaben der EU-Kommission sei "ambitioniert und nachvollziehbar", könne aber nicht zum Schaden Österreichs erfolgen, bekräftigte Nehammer. "Wir werden auch gerne bevorraten im Sinne des europäischen Geistes, aber dann muss auch klar sein, dass die Kosten im europäischen Geist geteilt werden."
Diese Lastenteilung sei im Rahmen des EU-Gipfels "klargestellt" worden, sagte Nehammer. Sie werde auf Ministerebene jetzt beraten und später auch beschlossen. Ähnlich wie Österreich seien auch die Niederlande, Deutschland und Ungarn davon betroffen.
Nehammer: "Es ist gut, wenn wir uns abstimmen"
Die Pläne zum gemeinsamen Gaseinkauf begrüßte Nehammer. "Es ist gut, wenn wir uns abstimmen", erklärte er. Die EU-Kommission müsse hier eine Vermittlerrolle einnehmen und die unterschiedlichen Interessen der 27 EU-Staaten erfassen, betonte der Bundeskanzler. Durch die gemeinsamen Gaseinkäufe auf freiwilliger Basis erhoffen sich die Staaten bereits einen Preisvorteil.
Nehammer sprach sich erneut gegen ein russisches Öl- und Gasembargo aus. Für Österreich komme das überhaupt nicht infrage, "das ist, wenn man sich ins linke und rechte Bein gleichzeitig schießen würde", sagte der Bundeskanzler. Bei einer 80-prozentigen Abhängigkeit gehe es darum, mittelfristig mehr Gasanbieter zu definieren.
Zudem bekräftigte Nehammer Österreichs Position zu der Ankündigung Moskaus, Gas künftig in Rubel abrechnen zu lassen. "Wir haben bestehende Verträge, die vorsehen, dass wir in Euro und Dollar bezahlen, und genau das werden wir weiter umsetzen", sagte der Bundeskanzler. Derzeit gebe es noch keine Reaktion des russischen Energieriesen Gazprom, Gas werde weiter geliefert.
Die in den vergangenen Wochen viel gepriesene Einigkeit unter den EU-Staaten sieht Nehammer durch die stundenlangen Debatten im Rahmen des zweitägigen EU-Gipfels nicht gefährdet. "Ganz im Gegenteil", bekräftigte der Bundeskanzler mit Blick auf die "sehr rasch" beschlossenen Sanktionen gegen Russland aufgrund des Kriegs in der Ukraine. "Alle weiteren Maßnahmen und die Durchhaltefähigkeit sind intensive Themen", sagte Nehammer. Es sei gelungen, die Einigkeit unter den EU-Staaten zu wahren, zeigte er sich überzeugt.