Budgetausschuss: Fachleute bemängeln fehlende Strukturreformen.
Beim Expertenhearing im Budgetausschuss haben die von den Fraktionen geladenen Fachleute am Donnerstag fehlende Strukturreformen beim Budget bemängelt. Eine Sanierung des Budgets könne nur über Einsparungen erreicht werden, meinten die Experten von FPÖ und BZÖ. Jener der Grünen betonte die Notwendigkeit einer Steuerreform, wobei es hier keinesfalls um eine Einnahmen-Senkung gehen dürfe, sondern um eine Reform in Richtung Entlastung des Faktors Arbeit und Belastung des Faktors Vermögen. Zustimmung gab es hier von dem von der SPÖ bestellten Experten, Skepsis seitens der von der ÖVP nominierten Fachkraft.
Der von der SPÖ bestellte AK-Experte Markus Marterbauer sagte, es müssten Vermögensbestandssteuern eingeführt werden, um Vermögenskonzentrationen zu vermindern. Dies würden nur "die oberen Bereiche" betreffen und hätten keine negativen Auswirkungen auf Nachfrage und Beschäftigung. Auch sprach er sich für eine Erhöhung der Grundsteuer und eine Wiedereinführung der Erbschaftssteuer aus. Wie auch der von den Grünen nominierte Bruno Rossmann hält Marterbauer eine Steuerreform, die mit einem Einnahmen-Entfall verbunden ist, in den kommenden Jahren für nicht finanzierbar.
Auch der von der ÖVP geladene pensionierte Wifo-Budgetexperten Gerhard Lehner sagte, die Budgetkonsolidierung habe Vorrang vor einer Steuerreform. Gleichzeitig betont er, er halte den Zeitpunkt für eine Einführung einer Vermögenssteuer für "äußerst problematisch", weil zu viele Fragen offen seien, etwa die Frage des Bankgeheimnisses. Er jedenfalls würde dieses nicht aufheben wollen. Der vom BZÖ als Experte geladene Generalsekretär des Europäischen Steuerzahlerbundes Michael Jäger sagte, Steuererhöhung würden sicher nicht zu Wirtschaftswachstum führen.
Grundsätzlich betonten sowohl Marterbauer als auch Lehner, dass die Konjunktur 2011 deutlich besser laufe als noch im Frühjahr erwartet. Marterbauer rechnet für heuer mit einem Defizit von rund drei Prozent (Im Frühjahr war das Finanzministerium noch von 3,9 Prozent ausgegangen, bei ihrer Budgetrede sprach Finanzministerin Maria Fekter (V) von einer Erwartung von 3,6 Prozent). Diese anzunehmende Verbesserung bedeute, dass die Ausgangsposition für den Konsolidierungsprozess 2012 deutlich günstiger sei als noch im Voranschlag angenommen, so Marterbauer.
Wie Lehner verwies Marterbauer aber auch darauf, dass die Konjunkturerwartungen für 2012 stark gedämpft wurden - das Wifo geht ja nur mehr von einem Wachstum von 0,8 Prozent aus. Dennoch halten beide es für möglich, dass - wie von Fekter geplant - im kommenden Jahr ein Defizit von 3,2 möglich sein wird.
Kritisch sah Marterbauer, dass im Budget nicht ausreichend auf den drohenden Anstieg der Arbeitslosigkeit reagiert worden sei. Als "effizientestes Programm" zu Schaffung von Arbeitsplätzen sehe er den Ausbau von Kinderbetreuung und Pflege. Zwar habe es durch die Umsetzung des Pflegefonds und dem Ausbau bei der Kinderbetreuung positive Akzente gegeben, aber in der Relation zum Bedarf sei dies "nach wie vor zu gering".
Jäger wie auch die von der FPÖ geladene Expertin Barbara Kolm, Generalsekretärin des Hayek-Instituts, sagten, dass man vom konsequenten Konsolidierungskurs nicht abweichen dürfe. "Das Gebot des Sparens muss beibehalten werden", so Kolm. Das Budget lasse sich nur ausgabenseitig sanieren. Sie forderte auch die Einführung einer "Schuldenbremse" in der Verfassung.
Kolm bemängelte auch das Fehlen von Strukturreformen, als Beispiele nannte sie etwa die steigenden Bundes-Ausgaben bei den Pensionen. Auch Jäger sprach von einem "strukturellen Defizit": Trotz Rekord-Steuereinnahmen werden die Schulden 2012 weiter ansteigen. Er sieht Einsparungspotenziale u.a. im Bereich Personal oder beim Bürokratieabbau.
Kritik seitens Kolm und Jäger gab es auch daran, dass die Haftungen Österreichs im Rahmen des Euro-Rettungsschirms EFSF nicht im Budget berücksichtigt sind.