SP-Bundeskanzler Werner Faymann beendet den rot-schwarzen Streit. In seinem ersten Interview danach appelliert er an beide Parteien.
ÖSTERREICH: Herr Bundeskanzler, Sie hatten beim ÖGB-Kongress
in Bezug auf die Wirtschaftskrise gemeint, dass ‚die Zeit des Scherzens
vorbei' sei. Bezüglich der Regierung müssten Sie angesichts der jüngsten
Konflikte jetzt sagen ‚Die Zeit des Kuschelns ist vorbei', oder?
Werner
Faymann: Nein, denn ich habe ja nie gesagt, dass es in der Regierung ein
Kuscheln gab. Aber in Zeiten der Wirtschaftskrise ist jetzt Teamwork
besonders angesagt.
ÖSTERREICH: Von Teamwork war bei der nun auf Herbst vertagten
Krankenkassenreform aber wenig zu spüren, nicht?
Faymann:
Es geht darum, unser Gesundheitssystem auch für zukünftige Generationen zu
sichern. Das sind wir den Jungen auch schuldig. Es muss Einsparungen geben,
damit wir unser tolles Gesundheitssystem auch künftig haben. Ich möchte aber
besonders den Ärzten gratulieren, die in dieser Debatte gezeigt haben, wie
stark sie für die Patienten und Patientinnen eintreten. Bis in den Herbst
werden sich der Gesundheitsminister und der Finanzminister sicher auf ein
gutes Paket einigen.
ÖSTERREICH: Trotzdem: Wie wollen Sie vermeiden, dass es
erneut zu Konflikten kommt?
Faymann: Indem man auf Teamwork
setzt, und an einem Strang zieht, um die großen Herausforderungen zu
meistern.
ÖSTERREICH: Ist das jetzt ein Appell des Teamchefs an das
Team?
Faymann: Ja, das ist ein Appell an beide Parteien. Jede
Partei hat natürlich ihre Ziele und Werte. Und keine Partei soll ihr eigenes
Profil aufgeben. Aber wir haben eine Verantwortung. Und wir sollten als
gemeinsames Team auftreten, nicht gegeneinander, trotz unterschiedlicher
Weltanschauungen. Das ist in der Wirtschaft, in der Kultur und auch im Sport
nicht anders.
ÖSTERREICH: Sie gelten ja als sehr konsensfreudig.
VP-Vizekanzler Josef Pröll hatte den Regierungswerbungs-Etat unabgesprochen
mit Ihnen via ORF abgesagt. Hat Sie das, und die weiteren Probleme bei
Kassenpaket und Kindergeld, nicht irritiert?
Faymann: Ich
setze zwar lieber auf Konsens, aber auch ich hatte – für meine Verhältnisse
– in der Vergangenheit auch schon mal unabgesprochen gehandelt. Das war bei
meinem Veto gegen den CERN-Ausstieg so, oder bei meiner Forderung nach
zusätzlichen 2000 Polizisten.
ÖSTERREICH: Aber Sie sind konsensfreudiger als der
Vizekanzler, oder?
Faymann: Als Bundeskanzler sollte ich auch
ein Vorbild für das Team sein. Ich sehe mich schon als stabilerer Partner.