SPÖ/ÖVP-Koalition

Freundliche Töne nach Staatsreform-Runde

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Im Parlament trafen sich die Unterhändler zu den Themen Bildung und Staatsreform.

Eine rasche Einigung auf die Themenliste hat die erste rot-schwarze Gesprächsrunde zur Staatsreform gebracht. Inhaltlich herrscht freilich noch Diskussionsbedarf. Rasch angehen wollen die Chefverhandler, Nationalratspräsident Andreas Khol für die ÖVP und seine designierte Nachfolgerin Barbara Prammer für die SPÖ, drei Bereiche: Die Volksgruppenrechte (sprich: Kärntner Ortstafeln), das Wahlrecht (Briefwahl, Wahlalter) sowie die im Zuge der FPÖ-Spaltung aufgetauchten Unklarheiten im Parteienrecht.

Große Übereinstimmung
Khol bezeichnete die Atmosphäre zwischen den Verhandlern als "arbeitsorientiert" und " freundlich", Prammer konstatierte "große Übereinstimmung bei den Themen". Geplant sind etwa ein einheitlicher Grundrechtskatalog, eine " Verfassungsbereinigung", eine neue Kompetenzverteilung zwischen Bund und Ländern sowie eine neue Finanzverfassung. Prammer machte aber auch klar, dass die Übereinstimmung bei den Überschriften "noch lange nicht heißt, dass wir inhaltlich schon handelseins wären".

Keine Totalreform
Nicht angestrebt wird von ÖVP und SPÖ offenbar eine "Totalrevision" der Verfassung (was eine Volksabstimmung darüber zur Folge hätte). Es geht um "Anpassungen" der an sich guten österreichischen Verfassung. Der Dauerbrenner Verwaltungsreform wurde in eine Untergruppe ausgegliedert. Vorarlbergs Landeshauptmann Herbert Sausgruber warnte jedoch gleich vor " überzogenen Erwartungen", was deren Sparpotenzial angeht. Aufbauen wollen Khol und Prammer auf den Ergebnissen des Österreich-Konvents.

Wahlrecht im Fokus
Vor dem Hintergrund der BZÖ-Abspaltung von der FPÖ wollen sich Khol und Prammer bei der nächsten Sitzung mit der "Rechtsstellung der Parteien" und Möglichkeiten der Berufung gegen Entscheidungen der Wahlbehörden befassen. Bei den Volksgruppenrechten wird es vor allem um die Kärntner Ortstafelfrage gehen und hier wiederum um die Frage der (mangelnden) Durchsetzbarkeit von Urteilen des Verfassungsgerichts, wie SP-Verfassungssprecher Peter Wittmann meinte.

Fortgesetzt werden die Verhandlungen ab 7. November an jedem Dienstag um 12 Uhr.

Die Knackpunkte bei Bildung
Bei der ersten Sitzung der Bildungs-Arbeitsgruppe bei den Koalitionsverhandlungen haben sich mit den Studiengebühren und der Gesamtschule die erwarteten Knackpunkte gezeigt. Bei den anschließenden Pressekonferenzen wurden bei der gemeinsamen Schule außerdem unterschiedliche Nuancen innerhalb SPÖ und ÖVP deutlich.

Insgesamt legten die Verhandler 38 Schwerpunkte vom Schuleingangsbereich bis zur Erwachsenenbildung fest. Konsens gab es bei der Ausweitung ganztägiger Schulformen und beim Ziel einer Klassenschüler-Höchstzahl von 25.

Kein Zeitplan definiert
SP-Verhandlungsführer Hans Niessl wollte sich nicht festlegen, ab wann eine gemeinsame Schule umgesetzt sein könnte. Zunächst könne man etwa die Hauptschulen in jenen Bezirken im Burgenland und in der Steiermark, in denen es keine AHS-Unterstufe gibt, noch stärker in Richtung Gesamtschulen entwickeln und anhand von Studien nachweisen, dass das Bildungsniveau der Kinder dort gut ist. Es gehe darum, Erkenntnisse zu sammeln und mit anderen Studien zu vergleichen.

Wesentlich deutlicher formulierte dagegen SPÖ-Bildungssprecher Erwin Niederwieser: "Wir sind so weit." Wenn es nach der SPÖ gehe, könne es mit einer Umstellung auf eine gemeinsame Schule der Zehn- bis 14-Jährigen los gehen. Wenn allerdings der potenzielle Koalitionspartner noch Expertisen brauche, müsse man darauf Rücksicht nehmen.

Wahlfreiheit wichtig
Bildungsministerin Elisabeth Gehrer (ÖVP) machte dagegen klar, dass die Wahlfreiheit der Eltern, in welche Schule sie ihre Kinder schicken, wichtig sei. Differenzierter äußerte sich der oberösterreichische Landesschulratspräsident Fritz Enzenhofer: Zunächst müsse die SPÖ auf den Tisch legen, welche Art von Gesamtschule sie wünsche. Davon gebe es die verschiedensten Modelle, die man sich ansehen müsse. Was man allerdings sicher nicht brauche, sei eine "pädagogische Baustelle über zehn bis 15 Jahre".

Beamtengewerkschafts-Chef Fritz Neugebauer wiederum machte aus seiner klaren Ablehnung einer gemeinsamen Schule kein Hehl: "Wenn ein Produkt schlecht ist, brauche ich es jetzt nicht und in zehn Jahren nicht."

Studiengebühren umstritten
Beim Bereich Studiengebühren sprach sich Gehrer gegen eine Abschaffung aus: Über eine Ausweitung der Studienförderung mit höheren Beihilfen oder höheren Einkommensgrenzen sei man aber gesprächsbereit. Der Bereich Studiengebühren soll außerdem ebenfalls der Finanzgruppe zugewiesen werden. Das Universitätsgesetz (UG) dürfe nicht aufgeweicht werden, reden könne man aber über eine "Weiterentwicklung".

Konsens bei ganztägiger Betreuung
Überraschend konsensual verlief das Thema ganztägige Betreuung: Die ÖVP bekannte sich zu einem Ausbau, verlangt aber laut Gehrer Wahlfreiheit für die Eltern, ob sie ihre Kinder in eine verpflichtende Ganztagsschule oder eine Schule geben, die nur Nachmittagsbetreuung anbietet. Niessl wiederum forderte 100.000 zusätzliche Ganztagsschul-Plätze, will den Eltern jedoch ebenfalls die Wahl lassen.

Drei weitere Runden
Vorerst wurden drei weitere Verhandlungsrunden für die Bildungs-Arbeitsgruppe anberaumt: Für den 31. Oktober, den 7. sowie den 15. November. Dann soll es auch ins Detail gehen - unklar ist laut Gehrer etwa, wie eine Senkung der Klassenschüler-Höchstzahl erfolge: Für alle Klassen sofort oder aufsteigend, als Richtwert oder als Musswert, etc. Hier müsse die SPÖ ihre Vorstellungen auf den Tisch legen.

Vier Verhandlungsgruppen
In gleich vier Verhandlungsgruppen werden heute die Koalitionsverhandlungen zwischen SPÖ und ÖVP fortgesetzt. Nach der Bildung starten am späten Nachmittag Beratungen über die " äußere Sicherheit" - es werden wohl die Eurofighter im Mittelpunkt stehen. Auch Staatsreform und Wirtschaft werden heute besprochen.

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