Die Polizeireform von Schwarz-Blau bleibt ein Zankapfel - Edelbacher und Szymanski kritisieren vor allem die Allmacht des Innenministeriums.
Die Polizeireform mit der Zusammenlegung der Wachkörper ist wieder in der Diskussion. Unter dem Motto "Kripo in Not" haben sich die ehemaligen Spitzenbeamten im Innenministerium bzw. bei der Polizei, Wolf Szymanski und Max Edelbacher, zu Wort gemeldet. Der Ex-Direktor des Bundeskriminalamts, Herwig Haidinger, hat als noch Aktiver keinen Ton gesagt - Das Ministerium habe ihm Medienarbeit verboten. ÖVP-Innenministerin Maria Fekter und der Generaldirektor für die Öffentliche Sicherheit, Elmar Marent, wiesen die Kritik zurück.
Allmächtiger Innenminister
"Die Kriminalpolizei hat
gelitten", sagte Edelbacher, ehemaliger Leiter des Wiener
Sicherheitsbüros. Szymanski, früherer Sektionschef für das Fremdenwesen im
Innenressort, sprach von einer "Gendarmerisierung" für ganz
Österreich, "lediglich der Name Polizei ist geblieben",
ergänzte Edelbacher. Die wichtigsten Kritikpunkte: International anerkannte
wissenschaftliche Grundlagen seien nicht berücksichtigt worden, das
Vieraugenprinzip und damit die Qualitätskontrolle seien verloren gegangen,
der Innenminister habe überbordende Machtbefugnisse und über die
Landespolizeikommanden direkten Durchgriff bis zur Basis. Außerdem gebe es
im Ressort selbst dringenden Bedarf für eine gesetzliche Regelung der
Tätigkeit der Ministerkabinette.
Sicherlich Machtmissbrauch
Edelbacher zu den Kriterien bei den
Reformen: "Die Polizei soll den Bürger dienen. Ist das geschehen? Ich
meine eher nein." Weiters solle die Polizei dem Recht, nicht den
Machthabern dienen: Gerade das Ende des Untersuchungsausschusses, "gerade
sein Abdrehen" habe gezeigt, dass diese Frage sehr berechtigt sei, dass
es sicherlich zu Machtmissbrauch gekommen sei. Auch den Schutz der
Menschenrechte habe man bei der Reform nach Meinung Edelbachers nicht im
Auge gehabt. Er nannte den Umgang mit inhaftierten Tierschützern als
Beispiel.
Dienstaufsicht futsch
Szymanski ortete als eines der
Grundprobleme, dass die zuvor beschlossene aber viel später - nämlich erst
heuer - in Kraft getretene Reform der Strafprozessordnung für einen
Sicherheitsapparat konstruiert wurde, den es bei ihrem Inkrafttreten nicht
mehr gab. "Das Ergebnis: Ein weitgehend in den großen Städten nicht
mehr funktionierendes System und ein in den großen Städten schwer belastetes
System", so der frühere Sektionschef. Die Bundespolizeidirektionen
haben Szymanski zufolge die Dienstaufsicht über ihre Wachkörper verloren.
Die Kriminalbeamten unterstünden ausschließlich dem
Landespolizeikommandanten, der "mehr oder weniger weit von der Materie
weg ist".
Umstrukturierung nötig
Am wichtigsten wäre für Szymanski
bei einer "Reform der Reform", dass der Innenminister aus dem
operativen Tätigkeitsfeld aussteige und die Organisationseinheiten des
Ministeriums, die Sicherheits- und Kriminalpolizei betreiben - also Büro für
Interne Angelegenheiten (BIA), Bundesamt für Verfassungsschutz und
Terrorismusbekämpfung (BVT) und Bundeskriminalamt - sowohl dem Innen- als
auch dem Justizressort nachgeordnet würden. Eine weitere Forderung des
ehemaligen Sektionschefs ist eine gesetzliche Regelung der Tätigkeit der
Ministerkabinette: "Hier gibt es ein schwarzes Loch."
Fekter wälzt Meilenstein
"Die Reform der Polizei war
nicht nur längst überfällig, sondern ist ein Meilenstein in der Entwicklung",
antwortete Fekter zu der Kritik. "Die Polizei ist damit aus alten,
verkrusteten und überholten Strukturen zu einem modernen, effizienten
Betrieb geworden", so die Ressortchefin. "Jetzt gibt es eine
einheitliche Polizei, die veraltete Aufsplittung zwischen den Wachkörpern
wurde beseitigt. Vor allem sind aber Hierarchien abgeflacht, Bürokratien
abgebaut und die Verwaltung deutlich effizienter gestaltet worden, so dass
mehr Exekutive im operativen Dienst zur Verfügung steht."
Marent ortet Effizienz
Auch der amtsführende Generaldirektor für
die Öffentliche Sicherheit, Elmar Marent, wies die Vorwürfe zurück: Die
Polizei sei "heute viel moderner und effizienter (...) als vor der
Zusammenlegung der drei Wachkörper, die nebeneinander gearbeitet haben".
Haidinger standhaft
Herwig Haidinger wies in Zusammenhang mit
der Diskussion um die Kriminalstatistik Vorwürfe Fekters und des
ÖVP-Sicherheitssprechers Günter Kössl "auf das Schärfste"
zurück. "Ich führe keinen Rachefeldzug", sagte er. Im
übrigen plädierte er dafür, eine zentrale Anti-Korruptionsbehörde im
Parlament einzurichten. Ein Beamter, der Kenntnis von Amtsmissbräuchen oder
ähnliche Vorgängen hat, sollte sich an eine Stelle außerhalb wenden können. "Denn
was macht das Büro für Interne Angelegenheiten (BIA), wenn es gegen seinen
Vorgesetzten (den Innenminister) ermitteln soll?"
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