Die neue Bahn

Großer Umbau der ÖBB ist auf Schiene

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Neben Martin Huber soll auch Gustav Poschalko den ÖBB-Vorstand einvernehmlich verlassen. Es bleiben Peter Klugar und Erich Söllinger.

Einen „Neustart“ für die in den letzten Monaten von Streitigkeiten um ihre Führungsmannschaft gebeutelten ÖBB wünscht sich Verkehrsminister Werner Faymann – und den wird es am Dienstag geben. Dann wird bei der Aufsichtsratssitzung der Bahn offiziell beschlossen, was hinter den Kulissen in den letzten Wochen ausverhandelt wurde: die einvernehmliche Trennung von Bahn-Boss Martin Huber und der Umbau des Vorstands der ÖBB-Holding von einem Vierer- auf ein Zweierteam.

Neben Huber – er gilt als VP-nahe – soll auch SP-Mann Gustav Poschalko einvernehmlich aus dem Holding-Vorstand ausscheiden, möglicherweise etwas später als Huber. Beiden sollen Konsulentenverträge angeboten werden, deren Vergütung in etwa den ihnen bis zum ursprünglichen Vertragsende 2009 zustehenden Bezügen entspricht.

Klugar wird Bahn-Boss
Im verkleinerten Führungsteam der Holding verbleiben Finanzchef Erich Söllinger (VP) und Peter Klugar (SP), der als Vorstandssprecher die neue Nummer eins der Bahn wird. Der Steirer, der heute seinen 59. Geburtstag feiert, ist seit 30 Jahren bei den ÖBB beschäftigt. Dem Holding-Vorstand gehört er seit 2007 an, davor war er seit 2004 Vorstandsdirektor der ÖBB Infrastruktur Betriebsgesellschaft.

Klugar gilt als ruhiger, ausgleichender Arbeiter und war bisher eher im Hintergrund tätig. Sein Führungsstil wird als sehr teamorientiert beschrieben. Dem studierten Techniker (Wirtschaftsingenieurwesen mit Fachrichtung Bau an der TU Graz) wird hohe Sachkompetenz attestiert – „mit viel Liebe zum Detail, aber ohne pedantisch zu sein“, wie es heißt.

Privat ist Klugar ein großer Musikliebhaber und besucht mit seiner Lebensgefährtin gern Konzerte. Als Ausgleich zur Schreibtischarbeit geht der Vater zweier Kinder aus erster Ehe außerdem mindestens zweimal pro Woche Laufen.

Große Projekte
Der neue ÖBB-Chef muss jetzt wieder Ruhe in die Bahn bringen und das Unternehmen auf sein eigentliches Geschäft fokussieren. Nicht zuletzt stehen Milliarden-Projekte an und die Modernisierungsoffensive geht weiter. Insgesamt ist die Bahn trotz der internen Querelen gut auf Schiene – mit 450 Mio. Fahrgästen und 5,7 Mrd. Euro Umsatz im Jahr 2007. Allerdings drückt auch die Schuldenlast, die bis 2012 auf knapp 20 Mrd. Euro anwachsen wird (2005 waren es knapp 9 Mrd.).

Mehr Macht für die Töchter
Parallel zur Verschlankung des Holding-Vorstands soll die Rolle der operativen ÖBB-Töchter (Bau, Infrastruktur, Personen- und ­Güterverkehr) künftig sehr gestärkt werden.

Das sind die wichtigsten Bahn-Konzepte von Verkehrsminister Werner Faymann:

  • Prestigeprojekt. Der Vollausbau der Südstrecke macht mit mehr als 7 Mrd. Euro bis 2020 etwa ein Drittel der Kosten aller Schienenprojekte aus.
  • Semmeringprojekt. Der Semmeringtunnel ist noch nicht fix. Konkret fließen rund 5 Mrd. in die Koralmbahn und rund 2 Mrd. in den Semmeringtunnel – sofern die Niederösterreicher ihn akzeptieren. Dann könnte die Trassenfindung bereits in den kommenden Monaten stattfinden. Geplanter Baubeginn: 2012.
  • Rieseninvestition. Etwa 1,1 Mrd. Euro kostet der neue Wiener Hauptbahnhof, der 2013 eröffnet werden soll, und die „Götzendorfer Spange“, die eine Anbindung an den Flughafen Wien vom Osten her sicherstellt. Die Fahrzeit Wien-Klagenfurt wird dadurch halbiert. Derzeit wird die Weststrecke laut Faymann von Güter- und von Personenzügen stark genützt, „weil sie attraktiv ist“. 2012 wird die Neubaustrecke Wien – St. Pölten und der Lainzer Tunnel in Betrieb gehen. Damit ist eine direkte Anbindung an den neuen Wiener Hauptbahnhof sichergestellt.
  • Brennerbasistunnel. Vereinbarungen mit Italien über den Brennerbasistunnel werden spätestens nächstes Jahr geschlossen – er wäre mit 56 km der längste Tunnel Europas. Für den 6 Mrd. Euro teuren Brennertunnel soll es eine Sonderfinanzierung geben.
  • Europa. Auch die EU unterstützt Österreichs Bahnausbau. Neben ersten großen Finanzzusagen für den Brennertunnel gibt es auch EU-Gelder für den Hauptbahnhof Wien und die Götzendorfer Spange. Denn diese beiden Projekte liegen auf dem „Korridor 17 Paris – Bratislava“, der europäische Bedeutung hat.

(sea), (duf)

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