Das sagt ÖSTERREICH

Kein Kantersieg für VdB, ÖVP & SPÖ als Verlierer

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Ein Kommentar von oe24-Chefredakteur Niki Fellner.

Alexander Van der Bellen bleibt die nächsten sechs Jahre österreichischer Bundespräsident. Das ist das wenig überraschende Ergebnis des gestrigen Wahlabends. VdBs rund 56% hatte die Lazarsfeld Gesellschaft in ihrer letzten ÖSTERREICH-Umfrage bereits punktgenau prognostiziert. Es wurde also doch die viel zitierte „g‘mahte Wiesn“ für den Amtsinhaber.

Auch wenn VdB damit klar im ersten Wahlgang gewonnen hat (und nicht in eine Stichwahl muss), ein Kantersieg war das bei weitem nicht. Im Gegenteil: Bei einer Wahlbeteiligung von 66% hat gerade einmal ein Drittel der Österreicher Van der Bellen gewählt. Das ist für einen amtierenden Präsidenten alles andere als ein Ruhmesblatt – insbesondere nachdem alle Parteien bis auf die FPÖ ihn unterstützt hatten. Und es zeigt: Der Unmut über Van der Bellens Amtsführung ist größer, als das gestrige Ergebnis vermuten lässt.

Wähler wünschen sich aktiveren Präsidenten

Der Bundespräsident sollte für die nächsten 6 Jahre seiner Amtszeit daraus die richtigen Schlüsse ziehen: Die Österreicher wünschen sich einen aktiveren Präsidenten, der sich bei wichtigen Themen klarer (und vor allem schneller) zu Wort meldet. Und einen Präsidenten, der die Regierung auch einmal zu sich in die Hofburg zitiert (und zurechtweist), wenn im Kanzleramt wieder einmal nichts weitergeht.

Auch wenn VdBs sechs Herausforderer ihn nicht in eine Stichwahl zwingen konnten, ihre Ergebnisse sollte man dennoch nicht herunterdodeln.

Walter Rosenkranz liegt mit seinen rund 18% zwar deutlich unter dem aktuellen FPÖ-Parteiwert. Angesichts der regen Konkurrenz im rechten Lager ist dieses Ergebnis aber besser als so manch Polit-Beobachter zuletzt vermutet hatte. Mit einem besseren Wahlkampf und dem richtigen Kandidaten sollte man die FPÖ bei den nächsten Wahlen nicht abschreiben.

Kommen jetzt die Protest-Parteien?

Dominik Wlazny ist die Überraschung des Wahlabends: Fast 10% für den Kandidaten der Bierpartei zeigen vor allem, dass es auch links der Mitte ein großes Protest-Reservoir gibt. Wenn Wlazny bei der nächsten Nationalratswahl antritt, hat er gute Chancen ins Parlament einzuziehen. Das könnte für SPÖ und Grüne noch unangenehm werden.

Tassilo Wallentin und Gerald Grosz sind zwar beide hinter ihren Erwartungen zurückgeblieben. Aber auch sie würden es mit 8 % bzw. 6% bei einer Nationalratswahl klar ins Parlament schaffen. Und sie haben gezeigt, dass ein Wahlkampf heutzutage auch ohne Budget mit Medien- bzw. Social-Media-Präsenz zu bestreiten ist.

Die größten Verlierer an diesem Wahlabend waren einmal mehr die etablierten Großparteien: ÖVP und SPÖ waren zu feig, eigene Kandidaten gegen Van der Bellen aufzustellen (sie hätten es mit ziemlicher Sicherheit in eine Stichwahl geschafft und diese vielleicht sogar gewonnen). Stattdessen haben sie gleich mehreren neuen Protestbewegungen den Boden geebnet. Das könnte ihnen bei den nächsten Wahlen auf den Kopf fallen.

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