ÖSTERREICH-Interview

Kanzler: "Wir ändern jetzt unseren Stil"

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Werner Faymann im Interview mit ÖSTERREICH- Chef Wolfgang Fellner.

ÖSTERREICH: Herr Bundeskanzler, wie lautet Ihr Urteil für den Start der neuen Regierung?
Werner FAYMANN: Ich finde, wir sind gut gestartet, auch sehr schnell gestartet. Ich habe versprochen: Es gibt diese neue Regierung vor Weihnachten – und ich habe Wort gehalten. Und ich bekomme sehr gutes Feedback aus der Bevölkerung, wo die Zahl jener, die sagen, man kann sich in Österreich auf diese Regierung verlassen, dass sie dieses Land gut führt, nicht weniger wird – sondern mehr.

ÖSTERREICH: Die Umfragen sprechen da eine andere Sprache …
FAYMANN: Na ja – Umfragen gibt es viele. Und ich will gar nicht wissen, wie die Umfragen ausgesehen hätten, wenn diese Regierung nicht vor Weihnachten gestanden wäre. Also: Das ist Jammern auf sicherem Terrain. Fest steht: Wir gehören zu den Besten in Europa, was Beschäftigung, was Soziales, auch was die Zinsen für unsere Staatsschuld anbelangt. Das werden wir in den nächsten Wochen besser kommunizieren müssen. Jedes Unternehmen, das Marktführer in Europa ist und merkt, dass es das bei den Kunden nicht richtig rüberbringt, muss den Stil und die Kommunikation verbessern. Das gilt auch für eine Regierung.

ÖSTERREICH: Hören wir richtig: Die Regierung ändert den Stil?
FAYMANN: Jawohl, wir ändern den Stil in Richtung einer wahrnehmbar teamorientierten Mannschaft.

ÖSTERREICH: Und das wollen Sie wirklich durchhalten? Kein Streit mehr in dieser zweiten Amtszeit zwischen ÖVP und SPÖ?
FAYMANN: Inhaltliche Unterschiede wird es immer geben, auch mal pointierte Ansagen in Interviews. Aber kein Streit mehr im Sinne von Kleinkariertheit. Sondern wir wollen so arbeiten, wie es die Bevölkerung zu Recht von einer Regierung verlangt: Es muss die gemeinsame Richtung der Regierung spürbar wahrnehmbar sein.

ÖSTERREICH: Kein böses Wort mehr gegen VP-Chef Spindelegger? Das wär ja was ganz Neues.
FAYMANN: Es hat einen sehr harten Wahlkampf gegeben, der sehr aufgerieben hat. Es hat sehr harte Regierungsverhandlungen gegeben mit ein paar Kommunikationsfehlern. Aber jetzt gibt es eine gemeinsame Regierung und zwischen dem Herrn Vizekanzler und mir die klare Absicht, unsere Arbeit künftig gemeinsam zu vertreten und es dem anderen nicht schwer zu machen.

ÖSTERREICH: Seine Entscheidung, das Finanzministerium selbst zu übernehmen, finden Sie …
FAYMANN: … sehr positiv, weil wir in Zukunft viele Fragen auf schnellstem Weg entscheiden können – ohne die Frage: Was wird die Finanzministerin dazu sagen? Ist das machbar?

ÖSTERREICH: In der ÖVP befürchten viele, dass er sich in der Arbeitsbelastung – so wie Josef Pröll – übernimmt.
FAYMANN: Arbeitstechnisch kann er das. Ich weiß, dass er jemand ist, der sehr gute Teams um sich aufbaut. Die Doppelbelastung wird er können – ich habe volles Vertrauen zu Michael Spindelegger. Aber es wird eine harte Zeit für einen Finanzminister. Weil wir jeden Euro zweimal umdrehen müssen und er – im Gegensatz zu Androsch & Co. – nichts mehr zu verteilen und zu verschenken hat. Wir brauchen ein Budget, das völlig auf Kurs ist Richtung Nulldefizit im Jahr 2016.

ÖSTERREICH: Was sind denn Ihre Ansagen für die Regierungsklausur am nächsten Mittwoch?
FAYMANN: Wichtig bei dieser Klausur wird Teambuilding sein. Wir wollen uns als Mannschaft präsentieren, die gemeinsam auftritt, wo jeder hinter der Agenda des anderen steht. Wir werden hart sparen müssen – und das wollen wir auch gemeinsam vertreten.

ÖSTERREICH: Außer Sparen keine Ansagen?
FAYMANN: Natürlich gibt es eine große Ansage – und die heißt: eine neue Initiative für mehr Wachstum, noch mehr Anstrengung für noch mehr Beschäftigung. Das sind die wichtigsten Ansagen: Wachstum und Beschäftigung. Und das ist keine Selbstverständlichkeit in Europa 2014.

ÖSTERREICH: Die Österreicher vermissen von Ihnen Reformansagen. Stehen Sie hinter den Plänen Ihrer Bildungsministerin?
FAYMANN: Unsere Bildungsministerin hat angekündigt, dass sie die ganztägige Schule ausbauen will. Das steht im Vordergrund und steht so auch im Regierungsprogramm. Und sie will mehr Gymnasien überzeugen, den Weg zu einer neuen Mittelschule einzuschlagen.

ÖSTERREICH: Die ÖVP streitet gerade intern, ob die gemeinsame Schule für ganze Bundesländer als Modellversuch eingeführt wird. Warum schweigen Sie?
FAYMANN: Erstens: Weil jeder Österreicher weiß, dass die SPÖ einen Parteitagsbeschluss hat, dass wir die Neue Mittelschule durchgängig einführen wollen – das muss ich nicht täglich wiederholen. Zweitens: Weil es nicht mehr Stil in dieser Regierung ist, Salz in die Wunden vom Partner zu streuen. An Streit beteilige ich mich nicht mehr. Wir wollen konstruktiv mit dem Partner arbeiten.

ÖSTERREICH: Und das Abschaffen vom Sitzenbleiben?
FAYMANN: Da haben wir dringendere Themen.

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