Vorschlag bei EU-Vorsitz

Kickl will Asyl-Prüfungen schon auf Schiffen im Mittelmeer

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Salvini distanziert sich scherzhaft: "Da könnte man angeklagt werden, dass man die Personen gefangen hält".

In der Debatte um die Machbarkeit von Asylcamps in Afrika ist Innenminister Herbert Kickl (FPÖ) am Freitag in die Offensive gegangen. Am Rande eines EU-Afrika-Ministertreffens in Wien präsentierte der EU-Ratsvorsitzende überraschend den Vorschlag, Asyl-Schnellprüfungen an Bord von Rettungsschiffen im Mittelmeer vorzunehmen. Lob und Tadel gab es für EU-Migrationskommissar Dimitris Avramopoulos.

Kickl schlug bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit seinem italienischen Amtskollegen Matteo Salvini vor, "dass man die Schiffe gleich benutzt, um die Überprüfungen auf Schutzbedürftigkeit durchzuführen". "Das hat nebenher den Vorteil, dass die Schiffe für weitere Schleppereien aus dem Verkehr gezogen werden." Außerdem würden es dann nur noch 10 statt 100 Personen auf europäischen Boden schaffen, betonte er.

 

"Nachdenken ist nicht verboten"

Auf die Frage nach der Unterstützung für seinen Vorschlag meinte Kickl: "Nachdenken ist nicht verboten". Es gehe darum, dass die "Dinge in Bewegung" kommen und dass man sich "Schritt für Schritt" einem System annähere, in dem außerhalb Europas zwischen Migranten und Schutzbedürftigen unterschieden werde. Salvini äußerte Unterstützung für den Vorschlag, führte aber ironisch hinzu: "Da könnte man angeklagt werden, dass man die Personen gefangen hält."

Kickl hatte die Vertreter aus Ägypten, Algerien, Libyen, Mali, Marokko, Niger und dem Tschad zu einer Aussprache mit EU-Amtskollegen ins Wiener Austria Center geladen. Für die Initiative bekam der FPÖ-Minister Lob von Avramopoulos, aber auch dem sozialistischen spanischen Amtskollegen Fernando Grande-Marlaska. Inhaltlich blieben die Gräben zwischen den Mitgliedsstaaten aber tief. Höhepunkt war ein Verbalgefecht zwischen dem luxemburgischen Innenminister Jean Asselborn und dem Italiener Matteo Salvini, das mit einer unflätigen Beschimpfung endete.

 

Um freundlichen Umgang bemüht

Bei der offiziellen Pressekonferenz am frühen Nachmittag waren Kickl und Avramopoulos um einen freundlichen Umgang bemüht. "Ich bin sehr froh über die Stoßrichtung, die eingeschlagen wurde", lobte Kickl die am Donnerstag vom EU-Kommissar vorgestellten neuen Vorschläge zur Frontex-Aufstockung, Rückführungen und beschleunigten Asylverfahren. "Danke für Deine Unterstützung, Herbert", sagte der griechische EU-Kommissar.

In der Streitfrage der Ausschiffungsplattformen blieben die beiden aber uneins. Avramopoulos bekräftigte, dass die Errichtung von Ausschiffungsplattformen in Afrika "unmöglich" sei, weil kein Land zugestimmt habe. Beim gemeinsamen Auftritt verkniff sich Kickl offene Kritik an dem EU-Kommissar, den er dafür beim späteren Auftritt mit Salvini umso deutlicher angriff.
 
Er glaube nicht, dass "es gescheit ist, wenn man als eines der wichtigsten Sprachrohre der EU einen solchen Satz in die Öffentlichkeit bringt", kritisierte Kickl den EU-Kommissar. Dies könne nämlich in Afrika "fälschlicherweise" so verstanden werden: "Wenn die das sagen, dann brauchen wir keine Anstrengung. Man soll nicht so tun und afrikanische Staaten aus einer Verpflichtung entlassen."
 

Kickl griff EU-Kommissar an

Bereits zum Auftakt des Treffens hatte Kickl den EU-Kommissar angegriffen. Es sei "ein schlechtes Signal, jetzt zu verkünden, dass alles keinen Sinn macht", sagte er. "Die Idee ist in etwa zwei Monate alt, und nach zwei Monaten wirft der Herr EU-Kommissar offenbar schon die Flinte ins Korn."
 
Grande-Marlaska bestätigte, dass kein afrikanisches Land die Bereitschaft zur Beherbergung von Ausschiffungsplattformen geäußert habe. "Es ist sehr schwer für ein Land, so etwas zu akzeptieren. Jedes Land hat seine Würde, und das sollten wir erkennen", sagte der sozialistische Politiker. Er lobte den Austausch mit den Partnerländern vor allem deswegen, weil er auch den zerstrittenen EU-Staaten dabei helfe, sich in der Migrationsfrage "zu fokussieren".
 
Grande-Marlaska stellte sich zugleich klar gegen die Vorstellung, dass eine Aufstockung von Frontex das Problem der Mittelmeerüberfahrten lösen werde. "Viele Posten für Frontex-Beamte zu schaffen, kann eine Bedeutung für die Landgrenzen haben, aber für die Seegrenzen ist das unmöglich. Das ist so, als wollte man einen Pudding an die Wand nageln", betonte der Minister. "Im Meer geht es um Rettungsaktionen."
 

Salvini gab sich unkonventionell

Salvini gab sich bei dem Treffen betont unkonventionell, postierte sich beim Gruppenfoto demonstrativ in die Mitte zwischen Avramopoulos und Kickl. Danach führte er mehrere Minuten lang umringt von Journalisten Ad-hoc-Verhandlungen mit dem deutschen Staatssekretär Stephan Meyer über das von Berlin so heiß gewünschte Rückübernahmeabkommen. Bei der gemeinsamen Pressekonferenz mit Kickl bekräftigte der italienische Vizepremier, dass er das Abkommen erst unterzeichnen werde, wenn es die schriftliche Zusicherung gebe, dass Italien keinen Migranten aus Deutschland zurücknehmen müsste. Salvini kündigte auch eine baldige Reise nach Tunesien an, weil von dort die meisten Flüchtlinge kommen, und attackierte Malta im Streit um Flüchtlingsschiffe. "Es gibt Länder, denen sind die europäischen Verpflichtungen völlig egal", sagte er.
 
Am Vormittag hatte der italienische Rechtspopulist, der am Nachmittag auch FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache treffen wollte, bereits Asselborn bis zur Weißglut gereizt, indem er sich über dessen Aussage mokierte, dass die alternde Bevölkerung mehr Zuwanderung brauche. "Ich arbeite lieber dafür, dass die italienischen und europäischen Jugendlichen mehr Kinder in die Welt setzen, weil ich keine neuen Sklaven will. Wenn ihr Luxemburg neue Migration braucht - in Italien helfe ich lieber den Italienern, dass sie wieder Kinder machen", sagte Salvini. Asselborn konterte mit einem Verweis auf die zahlreichen Italiener, die nach Luxemburg eingewandert sind, "weil ihr nicht für eure Kinder sorgen konntet in Italien". Daraufhin knallte der sozialdemokratische Politiker seinen Kopfhörer auf den Tisch und rief: "Merde alors" (Scheiße noch einmal). "Wir haben ein interessantes Gespräch gehabt", kommentierte Salvini das Wortgefecht danach.
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