Neuer Minister im Interview:

Kocher: "Arbeitslosen-Reform nicht in der Krise"

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Kocher erklärt, wie er das Arbeitslosengeld nach der Krise reformieren will. 

Wien. Arbeitsminister Martin Kocher will das System Arbeitslosengeld „effizienter“ machen – aber erst nach der Pandemie.

ÖSTERREICH: Wie lange hatten Sie für Ihre Zusage, als der Kanzler anrief?

Martin Kocher: Die Anfrage kam am Samstag spät am Abend, ich sprach mit meiner Frau – dann habe ich  grundsätzlich zugesagt. Das waren vielleicht 20 Minuten.

ÖSTERREICH: Sie waren mit dem Kanzler per Du – kennen Sie ihn schon länger?

Kocher: Per Du waren wir bisher nicht. Natürlich kannten wir uns von vielen Gesprächen – da ging es aber darum, Instrumente gegen die Krise zu entwickeln.

ÖSTERREICH: Wann wird der Arbeitsmarkt diesen Corona-Schock überstanden haben? Schon heuer?

Kocher: Ich hoffe, wir werden im 2. Halbjahr auch dank der Impfungen von den ganz hohen Zahlen herunten sein. Mittelfristig werden wir bis 2024 noch eine leicht erhöhte Arbeitslosigkeit haben.

ÖSTERREICH: Wieso wehren Sie sich dagegen, das Arbeitslosengeld anzuheben? Derzeit erhält man nur 55 % vom letzten Gehalt.

Kocher: Es ist eine Frage des Modells. In Ländern, die höhere Ersatzraten haben, gibt es kürzere Bezugszeiten oder ein degressives Modell – das heißt, das Arbeitslosengeld sinkt mit der Zeit.

ÖSTERREICH: Sind Sie eigentlich für eine Abschaffung der Notstandshilfe?

Kocher: Eine Pandemie ist nicht die Zeit, Änderungen vorzunehmen. Eine Anhebung der Ersatzrate zu Beginn wäre eine Möglichkeit, weil man da vom Lohn nicht so tief runterfällt. Doch wenn es dann auf dem Niveau bleibt, wäre  der Anreiz, Arbeit anzunehmen, wohl zu gering. Ein degressives Modell ist deshalb eine Möglichkeit, da man weiß, es wird weniger und das gibt eben einen Anreiz, sich gleich um einen Job zu kümmern. Und in Österreich hat man halt zwei Jahre, wenn man lange genug versichert war, immer die gleiche Rate.

Günther Schröder

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