Eine angebliche E-Mail-Korrespondenz zwischen Kurz und Blümel soll die ÖVP belasten.
Eine eilig einberufene Pressekonferenz, ein sichtlich angespannter Ex-Kanzler und angeblich gefälschte E-Mails im Zusammenhang mit der Ibiza-Affäre: Die ÖVP ging Montagfrüh in die Offensive. Die Details:
E-Mails kamen von Portal EU-Infothek
- Die E-Mails. Am vergangenen Freitag hat ein österreichisches „Investigativmedium“, so Kurz, die ÖVP mit E-Mails belastet, die die Türkisen in die FPÖ-Ibiza-Affäre hineinziehen sollen. Nach ÖSTERREICH-Recherchen handelt es sich dabei um die Website EU-Infothek, die schon bisher „Enthüllungen“ zur Ibiza-Affäre brachte.
- Bei den E-Mails soll es sich um einen Schriftwechsel zwischen Kurz und seinem Vertrauten Gernot Blümel im Februar 2018 handeln. Über den konkreten Inhalt wollen Kurz und ÖVP-Generalsekretär Karl Nehammer nichts verraten.
- Die Fälschung. Ziemlich schnell sei den ÖVP-Granden klar gewesen, dass es sich um „gefälschte“ E-Mails handelte. Das ergab nicht nur eine interne Prüfung, sondern auch ein von der ÖVP in Auftrag gegebenes Gutachten. Allerdings konnten nur Screenshots bzw. PDF-Dokumente sowie technische Daten bewertet werden. Die E-Mails selbst hat die ÖVP nach eigenen Angaben nicht.
- Das Gutachten. Als Beleg für die „plumpe Fälschung“ verteilte die ÖVP das Gutachten des Beratungsunternehmens Deloitte Forensic. Auffällige Ungereimtheit ist ein falsches Datum: Eine E-Mail wurde am Montag, 27. Februar 2018 abgeschickt. Tatsächlich war der Tag ein Dienstag. Dazu wurde die pazifische Zeitzone verwendet. Die IP-Adresse sei nicht der Wiener ÖVP zugeordnet. Und die Adresse könne nur zum Empfang und nicht zur Versendung verwendet werden.
- Die Anzeige. Kurz: „Das ist der Versuch, uns massiv zu diffamieren und unter anderem die ÖVP in die Ibiza-Enthüllungen hineinzuziehen.“ Die ÖVP hat eine Anzeige wegen des Delikts der Täuschung (§ 108 Strafgesetzbuch) eingebracht.
- Der Server. Dann stellte sich aber heraus: In der Deloitte-Stellungnahme heißt es, dass die in den – „gefälschten“ – E-Mails angeführte IP-Adresse (92.51.182.1) auf hosteurope.de und nicht auf wien.oevp.at registriert sei. Der Wiener IT-Unternehmer Michael Eisenriegler wies darauf hin, dass die tatsächliche IP-Adresse der Wiener ÖVP (92.51.182.37) zum selben Adressbereich gehöre. Die ÖVP bestätigte das – hosteurope.de arbeite aber erst seit 2019 für die ÖVP, die „gefälschten“ E-Mails stammten aus 2018.
- FPÖ fordert Taskforce. Die FPÖ will eine gründliche Untersuchung der Causa. Wie Generalsekretär Harald Vilimsky in der "ZiB2" ausführte, sollte rasch eine Taskforce mit Forensikern und Kriminologen gebildet werden.
EU-Infothek ließ die ÖVP in die Offensive gehen
Die laut ÖVP gefälschten - E-Mails zur Ibiza-Affäre lagen dem Onlinemedium „EU-Infothek“ vor. Wie die ÖVP bestätigte, kam die Anfrage von dieser Plattform, die mehrmals über die Hintergründe des Ibiza-Videos berichtet hatte. . Über den Inhalt der Mails berichten werde man aber erst, wenn eine Fälschung ausgeschlossen werden könne. Herausgeber Gert Schmidt hatte sich bemüht, die Hintergründe des Ibiza-Videos aufzudecken – die EU-Infothek wird seitdem von HC Strache gerne geteilt.
Internet lacht über Segnung von Kurz
Für viele ist die Affäre um die „Fake“- E-Mails der ÖVP Ablenkung von dem Massen-Segnungsgebet für Sebastian Kurz am Sonntag in der Wiener Stadthalle. Dafür muss der ÖVP-Chef nämlich viel Kritik einstecken.
Kurz: "War selbst von Gebet überrascht"
In den sozialen Netzwerken lagen die Reaktionen zwischen Häme und Fassungslosigkeit angesichts der Worte des australischen Missionars Ben Fitzgerald: „Vater, wir danken dir für diesen Mann.“ Doch auch in Kirchenkreisen gab es harte Kritik. Der Präsident der Caritas, Michael Landau, zitierte eine Bibelstelle: „Du aber geh in deine Kammer, wenn du betest, und schließ die Tür zu“ – und fügte hinzu: „Von Stadthalle steht da nichts.“ Auch die Diakonie und der evangelische Bischof Michael Bünker warnten vor der politischen Vereinnahmung von Religion. Ex-FPÖ-Minister Herbert Kickl postete spöttisch den Genesis-Song Jesus He Knows Me.
Kurz selbst gab an, von dem Gebet „überrascht“ gewesen zu sein und „starr reagiert zu haben“. Er sei oft bei Religionsgemeinschaften zu Gast.