Impf-Streit

Kurz fordert: "Ministerium muss Verträge offenlegen"

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Bundeskanzler Sebastian Kurz im ÖSTERREICH-Interview zum Impf-Streit.

Die Kritik von Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) an der Verteilung von Impfstoffen unter den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union wächst sich in Österreich immer mehr zum koalitionsinternen Konflikt aus. Im Interview mit ÖSTERREICH fordert der Kanzler nun die Offenlegung der Verträge.

ÖSTERREICH: Herr Bundeskanzler, Sie sprechen von einem Basar und einer Ungleichbehandlung bei der Impfstoffvergabe in der EU. Was ist denn da los?


Sebastian Kurz: Die EU-Kommission hat sich im Juni dazu entschieden, die Impfstoffbeschaffung für die Europäische Union zu organisieren. Es war zwischen den Staats- und Regierungschefs vereinbart, dass alle Länder gemäß ihrer Einwohnerzahl gleich viel Impfstoff bekommen. Jetzt stellt sich heraus: Manche Länder haben doppelt so viel bekommen wie andere. das entspricht nicht dem, was wir vereinbart haben!


ÖSTERREICH: Hat Österreich weniger Impfstoff bekommen, als uns zustehen würde?


Kurz: Ich kenne nach wie vor die unterschriebenen Verträge nicht, da sie einer Geheimhaltungspflicht unterliegen. Derzeit sind wir jedenfalls bei den Impfstofflieferungen imMittelfeld der EU. Es ist jetzt aber wichtig, aufzuklären, wie die Entscheidungsprozesse in diesem Gremium getroffen wurden.


ÖSTERREICH: Die EU-Kommission widerspricht Ihnen jetzt und sagt, Österreich hätte mehr Impfstoff bestellen können.


Kurz: Das gilt es aufzuklären. Ich fordere jedenfalls volle Transparenz. Fest steht: Ausgemacht war, dass alle gleich viele Impfdosen pro Kopf erhalten. Und das ist nicht passiert.


ÖSTERREICH: Das Gesundheitsministerium sieht das scheinbar anders als Sie. Dort heißt es, die Verteilung sei ausgewogen und transparent gewesen.


Kurz: Es braucht jetzt auch auf nationaler Ebene volle Transparenz über Vereinbarungen. Jeder hat das Recht darauf zu wissen, wie viel Impfstoff geliefert wird. Ich fordere das Ministerium auf, jetzt zu prüfen, wie das passieren konnte. Ich hoffe sehr, dass sich die Beamten an die Vorgaben der Politik gehalten haben. Das Gesundheitsministerium muss die Verträge und alle getätigten Bestellungen offenlegen, damit Klarheit besteht, ob wir hier wirklich mehr Impfstoff hätten bestellen können.


ÖSTERREICH: Sie haben jetzt einen Brief an die EU-Spitze geschrieben, in dem Sie einen EU-Gipfel zu dem Thema fordern. Was wollen Sie dort besprechen?


Kurz: Ich erwarte mir von der EU, dass jetzt das stattfindet, was auch vereinbart wurde. Und zwar, dass gleich viel Impfstoff pro Kopf an alle ausgeliefert wird. Das sollte rasch im Rahmen eines EU-Gipfels besprochen werden. Niki Fellner 

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