Medien

Medien-Krise: Jetzt "Hilferuf" der Gewerkschaft

"Einen Hilfeschrei, einen Weckruf", haben am Donnerstag die Gewerkschaft GPA und der Presseclub Concordia angesichts der Medienkrise in Österreich losgelassen. 

"Ja, wir sind am Untergang, wir funken SOS", sagte Ute Groß, Vorsitzende der Journalist:innengewerkschaft, in einer Pressekonferenz mit GPA-Chefin Barbara Teiber in Wien. "Die Lage in unserer Branche ist dramatisch, die Situation verschärft sich nahezu täglich." Die Politik wurde dringend zum raschen Handeln aufgerufen.

1.000 Medien-Profis sind arbeitslos gemeldet 

Nach internen Hochrechnungen dürften laut Groß heuer 300 Arbeitsplätze in der heimischen Medienbranche verloren gehen. Etwa 1.000 Journalistinnen und Journalisten, aber auch Angestellte in den Bereichen Korrektorat, Lektorat oder Grafik seien derzeit beim AMS arbeitslos gemeldet, "und wir befürchten, dass das Ende noch nicht erreicht ist". Groß, die auch Betriebsrätin bei der "Kleinen Zeitung" ist, sah drei wesentliche Facetten "des Dramas": Die Betroffenen würden sich vermutlich beruflich völlig neu orientieren müssen, da es im Journalismus immer weniger Arbeitsplätze gebe; die verbliebenen Kolleginnen und Kollegen litten unter enormer Arbeitsverdichtung; unter diesen Umständen sei die Qualität nicht zu halten. "Qualität ist aber unsere einzige Lebensversicherung. Wir müssen relevant bleiben. Mutiger, unabhängiger, faktenbasierter Journalismus ist ein Grundpfeiler der Demokratie."

Konkrete Forderungen an die Politik

"Wenn man zuschaut, wie Journalismus stirbt, nimmt man in Kauf, dass es niemanden mehr gibt, der den Mächtigen unbequeme Fragen stellt. Diese Aufgabe werden Parteimedien nicht übernehmen können", sagte Colette Schmidt, Betriebsratsvorsitzende des "Standard". Sie formulierte namens des Podiums einige Forderungen zur Absicherung des Qualitätsjournalismus: Medienförderung nach klaren und transparenten Kriterien, eine für Journalismus-Förderung zweckgebundene Erhöhung der Digitalsteuer von 5 auf 7 Prozent, die steuerliche Absetzbarkeit eines Print- oder Online-Abos sowie eine rasche Umsetzung der von der Regierung versprochenen Vertriebsförderung. "Ich habe nicht das Gefühl, dass sich die Politik der Lage bewusst ist, denn es passiert nichts", meinte Schmidt. Man sei nicht gegen die notwendige Transformation der Medien, "aber wenn die Vertriebsförderung nicht bald kommt, wird es nichts mehr geben, was sich transformieren ließe", sagte Groß. "Es ist 5 nach 12. Wenn jetzt nichts passiert, wird dem einen oder anderen Haus nichts anderes übrigbleiben, als im nächsten Jahr den Weg zum Konkursgericht anzutreten."

Barbara Teiber, Vorsitzende der Gewerkschaft GPA und Nationalratsabgeordnete der SPÖ, forderte die Einrichtung einer bundesweiten Branchenstiftung, "um den vielen betroffenen KollegInnen eine neue berufliche Perspektive zu geben". Diese sollte 100 bis 140 Plätze umfassen. Die geschätzten Kosten von 1,5 bis 2 Mio. Euro sollten vom Bund mit Arbeitgeberbeteiligung finanziert und von AMS organisiert werden. Zudem forderte sie die Medienhäuser zur Gründung von Verwertungsgesellschaften auf. "Google und Meta verdienen Milliarden mit Inhalten, für die sie nichts zahlen." In all' diesen Entwicklungen sah sie eine "demokratiegefährdende Komponente": "Als Gesellschaft muss uns die Rettung der vierten Säule der Demokratie etwas wert sein."

Notwendig: "Journalistische Medien, die auch am Markt bestehen"

Auch Walter Strobl, Leitung des Rechtsdienst Journalismus des Presseclubs Concordia, sah "eine verfassungsrechtliche Pflicht" des Staates, unabhängigen Journalismus zu fördern. Es gehe akut um rasche Krisenbewältigung, aber "langfristig brauchen wir als Demokratie journalistische Medien, die auch am Markt bestehen". Zielgerichtete Förderungen sollten nicht nur Qualität, sondern auch Innovation berücksichtigen.

Weitere Maßnahmen will man sich vorbehalten. "Wir hoffen einmal, dass dieser Appell wahrgenommen wird", sagte Teiber. "Das Bewusstsein reicht aber nicht, es braucht konkrete Handlungen." Wenn diese ausblieben, sei es auch denkbar, an die Solidarität der Zivilgesellschaft zu appellieren. "Was folgen kann, werden wir uns anschauen."

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