Josef Cap

Österreichs Neutralität: Modell für die Ukraine?

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Der frühere SPÖ-Politiker Josef Cap über einen brisanten Konflikt Wo bleibt Österreichs Friedenspolitik-Initiative? 

Österreich wurde nach dem Abschluss des Staatsvertrages ab 1955 ein immerwährend neutrales Land. In dieser Zeit herrschte der Kalte Krieg zwischen den westlichen Demokratien und den kommunistischen Ländern des Ostens. Der damaligen sowjetischen Führung war es geopolitisch am wichtigsten, dass nicht auch Österreich der NATO eingegliedert wird. Dies hätte die Stationierung nuklearer Waffen zur Folge haben können.

Zwischen den Militärblöcken

Österreich lag geografisch zwischen beiden miteinander konkurrierenden Militär- und Wirtschaftsblöcken und bemühte sich daher auch besonders unter Bundeskanzler Bruno Kreisky mit einer aktiven Neutralitätspolitik um Entspannung und Frieden. Ein Atomkrieg auf europäischem und damit auch österreichischem Boden wäre mit Sicherheit für unser Land mit katastrophalen Folgen verbunden gewesen.

Ist die geopolitische Situation Österreichs der 50er- Jahre mit der heutigen Situation der Ukraine vergleichbar? So ein Vergleich ist nur bedingt möglich. Zwischen den 50er-Jahren und heute liegt der Zusammenbruch des Kommunismus und davor die vom deutschen Bundeskanzler Helmut Kohl und dem sowjetischen Präsidenten Michail Gorbatschow ausgehandelte Übereinkunft für eine Wiedervereinigung Deutschlands. Voraussetzung für die Wiedervereinigung war selbstverständlich die Zustimmung der Bevölkerung in beiden Teilen Deutschlands. Überliefert ist, dass es dabei unter anderem nicht zu einer weiteren Ausdehnung der NATO in den Osten Europas kommen sollte. Kurze Zeit danach brach der Kommunismus nicht nur in der DDR, sondern auch in den Mitgliedsländern des Warschauer Militärpaktes bzw. des Wirtschaftspaktes COMECON zusammen. Höhepunkt war vor allem aber auch das Ende des Kommunismus in der Sowjetunion selbst. Viele schon seit der Zarenzeit mit Russland überwiegend unfreiwillig verbundene Länder versuchten sich ähnlich wie Polen, Ungarn, Tschechien etc. ebenfalls loszulösen und selbstständig zu werden. Wichtigstes Beispiel dafür ist eben die viele Jahre lang mit Russland verbundene Ukraine.

Kampf zwischen West und Ost

Zuerst tobte ein Kampf innerhalb der mittlerweile selbstständig gewordenen Ukraine zwischen West und Osteinflüssen. Dann marschierte völkerrechtswidrig Russland aus militärstrategischen Gründen in die zur Ukraine gehörende Krim ein und zettelte einen Aufstand in der mehrheitlich von Russen bewohnten Ostukraine an. Der seit Jahren schwelende Konf likt scheint mit der neuerlichen Eskalation nun endgültig unlösbar. Ein Krieg jedoch wäre für alle Beteiligten wirtschaftlich und politisch eine Katastrophe.

Ukraine als Nato-Mitglied

Die USA und ihre Verbündeten sind der Meinung, dass es eine autonome Entscheidung der Ukraine ist, Mitglied der NATO werden zu können. Russland hingegen sieht sich in seiner Sicherheit bei einer allfälligen NATO-Erweiterung bedroht. Längst befinden wir uns wieder in einer Art Kalten Krieg.

Auch Österreich kann aufgrund wirtschaftlicher Verflechtung und energiepolitischer Abhängigkeiten eine Eskalation bzw. kriegerische Auseinandersetzung nicht egal sein. Es stellt sich daher die Frage, warum Österreichs Außenminister Schallenberg nicht längst eine friedenspolitische Initiative als neutrales "westliches Land gestartet hat. Als Plattform für diese Initiative bietet sich die OSZE, die ihren Sitz in Wien hat, oder auch die EU an. Teil dieser Initiative könnte der Vorschlag sein, ein Neutralitätsmodell für die Ukraine zu entwickeln. Voraussetzung dafür wäre, dass alle beteiligten Länder, sofern die ukrainische Bevölkerung dies will, die Neutralität vorbehaltlos akzeptieren und garantieren würden. Bundesminister Schallenberg und die Bundesregierung haben die Chance sich im Interesse Österreichs und Europas aktiv für den Frieden einzusetzen.

 

Josef Cap war langjähriger Klubobmann der SPÖ im Parlament. Für POLITIK LIVE kommentiert er aktuelle Themen.

 
 

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