VP-Klubchef

Molterer hält Große Koalition für tot

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VP-Klubchef Molterer glaubt nicht mehr an eine Große Koalition. In Neuwahlen sieht er "Chance für ÖVP".

Die ÖVP hat das Projekt Großen Koalition offenbar schon beerdigt. Dazu müsste SPÖ-Chef Alfred Gusenbauer beim morgigen Treffen mit ÖVP-Parteiobmann Wolfgang Schüssel einen "neuen substanziellen Vorschlag" bringen, stellte VP-Klubchef Wilhelm Molterer bei einem Pressegespräch am Donnerstag fest. Dass es so einen Impuls geben wird, bezweifelt er aber. Auch die Bildung einer SPÖ-Minderheitsregierung mit Unterstützung von Grün und Blau hält Molterer für schwierig. Im Fall von Neuwahlen rechnet er sich für die Volkspartei durchaus Chancen aus.

Minderheits-Regierung
In Prozenten könne man die verbliebenen Chancen für eine Große Koalition nicht einschätzen, meinte Molterer. Denn es käme darauf an, "ob es tatsächlich von Alfred Gusenbauer einen neuen substanziellen Vorschlag geben kann oder wird". Wie der aussehen sollte, präzisierte der VP-Klubchef nicht. Er sehe aber sowieso immer mehr Zeichen für eine bevorstehende rote Minderheitsregierung. Seiner Einschätzung nach werde Gusenbauer nächste Woche von Bundespräsident Heinz Fischer einen neuen Regierungsbildungsauftrag bekommen.

Grünen haben Erklärungsbedarf
Nachdem der SP-Chef aber schon den ersten Auftrag nicht geschafft habe, sei fraglich, ob er den zweiten erfüllen könnte. Für die Unterstützung einer roten Minderheitsregierung würden Freiheitliche und vor allem Grüne nicht so ohne weiteres parat stehen. Immerhin hätte die FPÖ ihren Wählern zu erklären, wieso diese mit ihrer Wahlentscheidung einen roten Kanzler ermöglicht haben.
Auch die Grünen hätten zu erklären, wieso sie plötzlich eine "strukturierte Kooperation" - noch dazu mit der FPÖ - eingehe. In diesem Zusammenhang forderte Molterer die Sozialdemokratie auf, aus einer derartigen de facto-Koalition gleich eine echte Dreierkoalition zu bilden.

Neuwahlen sind Chance
Im Fall von Neuwahlen sieht Molterer für seine Partei einen Hoffnungsschimmer am Horizont. Denn "die Mobilisierung könnte eine andere sein". Am ersten Oktober war die Volkspartei laut Meinungsforschern unter anderem an der geringen Wahlbeteiligung gescheitert. "Wir streben Neuwahlen aber nicht an", beeilte er sich anzufügen.

Wieso eine große Einigung von rot und schwarz bisher unmöglich schien, hat laut dem Klubobmann mehrere Gründe. Einer davon sei, dass die Sozialdemokraten die ÖVP-Führungscrew nicht möge. Sie wollten sie vielmehr "desavouieren und beseitigen". Die "geheime Absicht" der SPÖ sei gewesen, die Volkspartei durch eine Führungsdebatte zu schwächen. Das habe aber nicht geklappt: "Mit uns fährt man nicht Schlitten."

Weiters habe die SPÖ offenbar erreichen wollen, dass man der bisherigen inhaltlichen Linie "abschwöre". Man sei aber nicht "beliebig und disponibel". Und schließlich wolle man kein rot/grün/blaues "Wunschkonzert" durch eine Große Koalition ermöglichen, so Molterer in Anspielung auf eine mögliche weitere punktuelle Zusammenarbeit der drei Parteien im Nationalrat.

Kein Interesse
Tatsächlich scheint man innerhalb der Volkspartei von vornherein kein gröberes Interesse daran gehabt zu haben, den Juniorpartner der Roten zu geben. Hätte man vor ein paar Tagen parteiintern abgestimmt, hätte es "sicher eine Vier-Fünftel-Mehrheit für den Gang in die Opposition gegeben", gab Molterer zu. Und natürlich sei man "auch auf diese Option vorbereitet".

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