Asyl-Debatte

Österreich droht mit Klage

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 Gutachten spricht von "überproportionaler Belastung" Österreichs.

Österreich droht der EU-Kommission mit einer Klage gegen die Dublin-III-Asylverordnung. Die Regierung hält das im Lissabon-Vertrag festgelegte Prinzip der fairen Lastenverteilung angesichts steigender Flüchtlingszahlen nicht mehr für gegeben und will der Kommission eine zweimonatige Frist zur Anpassung der Verordnung gelten. Andernfalls folge eine Untätigkeitsklage an den Europäischen Gerichtshof.

Nicht nur Pflichten
Den Schritt kündigten Innenministerin Johanna Mikl-Leitner und Justizminister Wolfgang Brandstetter (beide ÖVP) in einem Hintergrundgespräch am Dienstagabend an. "Wir haben nicht nur Pflichten, sondern auch Rechte", sagte Mikl-Leitner.

Die Bundesregierung will in einem gemeinsamen Beschluss der EU-Kommission eine zweimonatige Frist zum Handeln setzen. Der Ministerrat werde sich vielleicht schon nächste oder übernächste Woche damit befassen, sagte der Sprecher von Mikl-Leitner, Hermann Muhr. Die zweimonatige Frist gilt mit Übermittlung des Beschluss der Regierung.

Legt die Kommission binnen den zwei Monaten keinen Vorschlag zur Anpassung der Dublin-Regeln vor, möchte Österreich mit der Untätigkeitsklage den EuGH dazu bringen, die Dublin-III-Verordnung auf Vereinbarkeit mit dem Artikel 80 des Lissabon-Vertrages zu prüfen, der den "Grundsatz der Solidarität und der gerechten Aufteilung der Verantwortlichkeit unter den Mitgliedsstaaten" vorschreibt.

Überforderung der Außengrenzen

Anlass für den Schritt Österreichs ist die zunehmende Überforderung von Staaten an der EU-Außengrenze mit der Aufnahme neuer Flüchtlinge. Die Dublin-Regeln verpflichten an sich die Ersteinreiseländer dazu, Schutzbedürftigen Asyl zu gewähren.

Allerdings macht es die schlechte humanitäre Lage für Flüchtlinge etwa in Griechenland derzeit für reiche EU-Länder wie Österreich und Deutschland unmöglich, Asylwerber dorthin zurück zu schicken. Auch die Lage von Flüchtlingen in Österreichs Nachbarland Ungarn gilt als zunehmend schwierig. In einem Rechtsgutachten des Innsbrucker Juristen Walter Obwexer im Auftrag des Innenministeriums, das der APA vorliegt, heißt es, dass "insbesondere die Ausnahmefälle systemischer Mängel zu einer überproportionalen Belastung mancher Staaten Nord- und Westeuropas, darunter auch Österreich" führt.

Welche Änderungen der Dublin-Verordnung von Österreich gewünscht werden, lässt das Gutachten offen. Es gebe mehreren Möglichkeiten, etwa mehr Geld für überproportional belastete Staaten, eine Umverteilung bereits anerkannter Flüchtlinge oder einer Komplett-Reform des Dublin-Systems. Damit könne etwa eine EU-weite Quotenregelung eingeführt werden, schreibt Obwexer. Mikl-Leitner und Brandstetter ließen auf Anfrage offen, welche Änderungen am Dublin-System sie sich vorstellen.

Schlepperparagraf wird nachgeschärft
Brandstetter kündigte überdies eine Verschärfung des Schlepperparagrafen im Strafrecht. Geltende Rechtslage ist es, dass Schlepper nicht in Untersuchungshaft kommen, wenn sie maximal zehn Personen mitgeführt haben. Diese Grenze will Brandstetter aufheben - denn in letzter Zeit hätten sich Fälle mit weniger als elf Geschleppten gehäuft. "Österreich soll ein schlechter Zielort für Schlepper sein", begründete der Minister sein Anliegen.
 

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