Polit-Beben

ÖVP holt Stronachs Vertraute

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Schon wieder wechseln Abgeordnete von Stronach zur ÖVP. Die wird immer stärker.

Früher hat die ÖVP Wahlen verloren, aber Koalitionsverhandlungen gewonnen. Jetzt holt sie sich halt Abgeordnete anderer Parteien – konkret vom Milliardär Frank Stronach.

Es ist ein neuer Knalleffekt, als am Samstag Punkt 13 Uhr die nächste Rochade im Nationalrat verkündet wird. Diesmal tritt ÖVP-Klubchef Reinhold Lopatka mit zwei der engsten Vertrauten des Milliardärs vor die Kameras: Franks frühere rechte Hand Kathrin Nachbaur und der frühere Pressesprecher Stronachs, Rouven Ertl­schweiger. Im Juni waren ­Johannes Vetter und Marcus Franz von Lopatka im VP-Klub empfangen wurden.

ÖVP holt Stronachs Vertraute
© oe24

SPÖ tobt über »Taschenspielertricks« Lopatkas

Lopatka gab offen zu, dass er auf die beiden zugegangen sei (siehe Interviews). Nachbaurs Liebe zur ÖVP dürfte indes an Franks Personal­politik liegen: Der Patriarch will Robert Lugar zum neuen Klubchef machen – und mit dem ist Nachbaur zutiefst verfeindet. Deshalb auch der plötzliche Meinungswechsel der Ex-Stronach-Assistentin.

Lopatka hat jetzt 51 Ab­geordnete – nach der Wahl 2013 waren es nur 47 gewesen. Die SPÖ hat 52, also nur noch einen mehr. Kein Wunder, dass SP-Klubchef Andreas Schieder schäumt und von „Taschenspielertricks“ redet. Allerdings: Eine schwarz-blaue Koalition ginge sich auch jetzt noch nicht aus.

Stronach-Klub verliert pro Jahr jetzt 332.000 Euro

Finanziell gewinnt der ÖVP-Klub jedenfalls knapp 100.000 Euro dazu – das Team Stronach verliert im Gegenzug (aufgrund der komplizierten Berechnungsformel) pro Jahr gleich 332.000 Euro.

Bei Stronachs will man die Abgänge nicht mehr hinnehmen: Parteianwalt Michael Krüger plant Schadenersatzklagen gegen Vetter und Franz und jetzt wohl auch gegen Nachbaur.

(gü, fis)

ÖVP holt Stronachs Vertraute
© TZ ÖSTERREICH

Lopatka: "Hab signalisiert, ein Wechsel wäre positiv"

ÖSTERREICH: Wie haben Sie von dem Wechsel erfahren?
Reinhold Lopatka: Dass Herr Ertlschweiger zur ÖVP kommt, wusste ich schon am Donnerstag. Kathrin Nachbaur hat mich erst am Samstag um 11.20 Uhr angerufen. Direkt nach ihrem Gespräch mit Frank Stronach. Von ihrem Wechsel war ich angenehm überrascht.

ÖSTERREICH: Ist weiterer „Zuwachs“ zur ÖVP geplant?
Lopatka: Auch dieser Zuwachs war nicht geplant. Ich habe gemerkt, dass die Unzufriedenheit im Team Stronach zunimmt. Daher habe ich den beiden schon vor langer Zeit ­signalisiert: Wenn sie diesen Schritt setzen, würde ich das positiv sehen.

ÖSTERREICH: Wenn die ÖVP mehr Mandatare gewinnt, stellen Sie den Kanzleranspruch?
Lopatka: Nein. Das steht überhaupt nicht im Raum. Bei den anderen, etwa Robert Lugar, schließe ich aus, dass sie zur ÖVP kommen können. Das wäre kein Gewinn für uns.

(fis)

Kathrin Nachbaur
© APA

Nachbaur: "Habe hier eine größere Plattform"

Kathrin Nachbaur über ihren Wechsel: „Das Entscheidende ist nicht, wo man sitzt, sondern wofür man steht. Dieser Satz stammt von Belinda Stronach, die ich immer sehr bewundert habe.“

… über Stronachs Reak­tion: „Dieser Schritt ist mir nicht leicht gefallen, aber es war mir wichtig, vorher eine Aussprache mit Frank zu führen. Seine Philosophie ist, dass man Leute weiterziehen lassen muss.“

… über Frank Stronach: „Ich respektiere ihn und sein Lebenswerk sehr. Ich werde nie ein schlechtes Wort über ihn verlieren und bin ihm wirklich dankbar für alles. He’s a real Mensch.“

… über das Team Stronach: „Wir haben dieses Projekt mit viel Herzblut gestartet. Aber es hat alles nicht so funktioniert, wie wir uns das vorgestellt haben.“

… über die ÖVP: „Ich glaube, dass ich hier eine größere Plattform habe, um für meine Themen zu kämpfen.“

ÖVP holt Stronachs Vertraute
© APA

Ertlschweiger: "Bleibe
 Frank immer dankbar"

ÖSTERREICH: Warum wechseln Sie zur ÖVP?
R. Ertlschweiger: Weil ich in die Politik gegangen bin, um zu gestalten. Und das geht in der ÖVP – beim Team Stronach war das leider nicht mehr möglich. Die Gründe dafür sind ja bekannt. Ich muss aber auch dazu sagen: Ich werde Frank Stronach immer dankbar bleiben für die Chance, die er mir gegeben hatte. damit ich in die Politik gehen konnte.

ÖSTERREICH: Haben Sie eine Zusage für ein sicheres Mandat nach der nächsten Wahl von der ÖVP erhalten?
Ertlschweiger: Nein, ich habe dafür rein gar nichts bekommen.

(gü)

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