SPÖ-Ministerin Schmied will die "Neue Mittelschule" per Gesetz regeln. Nach dem ersten automatischen Nein könnte die ÖVP jetzt doch zustimmen.
SPÖ-Unterrichtsministerin Claudia Schmied könnte sich mit ihrer Novelle zum Schulorganisationsgesetz doch durchsetzen. Die Möglichkeit einer Zustimmung signalisierte zumindest die ÖVP am Mittwochvormittag. Am Dienstag hatte die Volkspartei noch reflexhaft Nein gesagt. Jetzt verlangt sie "nur mehr" eine stärkere Einbindung der Schulpartner (Eltern und Lehrer).
ÖVP-Zustimmung möglich
Finanzminister Wilhelm Molterer
ist grundsätzlich offen für eine Gesetzesänderung. Er schlug vor, die
Bestimmungen zu Schulversuchen zu ändern. Wissenschaftsminister Johannes
Hahn wiederum zeigte sich unnachgiebig. Er beharrte auf der Durchführung von
Schulversuchen.
Gesetz nötig
Schmied will anstatt von Schulversuchen eine
gesetzliche Regelung für die "Neue Mittelschule" schaffen.
Durch eine Reform des Schulorganisationsgesetzes sollen die Modellregionen
ermöglicht werden. Die Modelle seien so konzipiert, dass es dafür eine
gesetzliche Grundlage brauche, so Schmied. Auch der Verfassungsexperte
Bernd-Christian Funk sagt, dass die "Neue Mittelschule" nicht gut
über Schulversuche umsetzbar sei.
Schmied argumentiert außerdem mit der Rechtssicherheit. Da im kommenden Februar schon die Schuleinschreibungen für das Unterrichtsjahr 2008/09 beginnen, könne man nicht weiter warten. Sie will Ende Oktober die Novelle im Ministerrat einbringen.
"Sicher nicht"
Am Dienstag hatten Hahn und
ÖVP-Klubobmann Wolfgang Schüssel den Entwurf zur Gesetzesänderung noch
rundheraus abgelehnt. Schüssel meinte am Abend in der "ZiB 2":
"So wird's sicher nicht beschlossen werden." Schmieds Pläne würden
bedeuten, dass "jede Region machen soll, was sie will, und man dann
schaut, was da herauskommt".
Außerdem sollte man die neue Variante "nicht über die Köpfe der Betroffenen hinweg" einführen, meinte der ÖVP-Klubchef. Bei Schulversuchen - ohne gesetzliche Verankerung - ist immerhin eine Zwei-Drittel-Mehrheit von Eltern und Lehrern an den betreffenden Schulen nötig.
Nächste Seite: der konkrete Plan
Die rote Unterrichtsministerin hatte am Dienstag ihren Plan erklärt, dass die Modellregionen zur "Neuen Mittelschule" nicht über Schulversuche, sondern über eine Reform des Schulorganisationsgesetzes abgewickelt werden. Damit müssten die Schulpartner (Eltern, Lehrer, Schüler) der betroffenen Schulen nicht zustimmen. Bei Schulversuchen dagegen schon.
Antrag des Landesschulrats
Voraussetzung für die Einrichtung
einer Modellregion wäre ein Antrag des Landesschulrats beim
Unterrichtsministerium. Dann erlässt die Ministerin eine Verordnung. Die
Mitwirkung der Eltern bzw. Lehrer beschränkt sich auf die Kollegien der
Landesschulräte, denen Vertreter von Pädagogen und Erziehungsberechtigten
angehören.
"Neue Mittelschule"
Im Entwurf sind zwei Arten
vorgesehen: eine vierjährige Form und eine etwa von Niederösterreich
favorisierte zweijährige. In den Modellregionen sollen die Zehn- bis
14-Jährigen gemeinsam unterrichtet werden, und zwar von Haupt- und
Mittelschullehrern. Dadurch verschiebt sich der Zeitpunkt, an dem sich die
Kinder für einen Schultypus entscheiden müssen, um vier Jahre.
Erste Modelle nächstes Schuljahr
Noch heuer will Schmied
die Reform im Nationalrat beschlossen haben, "damit noch vor der
Schuleinschreibung im Februar Rechtssicherheit für die Eltern existiert".
Parallel dazu soll an der Umsetzung - etwa Kriterien für die Evaluierung und
wissenschaftliche Begleitung, pädagogische Konzepte, Zeugnisse, Übergänge in
andere Schulformen - gearbeitet werden. Im Schuljahr 2008/09 könnten
Modellregionen in Niederösterreich, Burgenland, Steiermark und Kärnten
starten.
"Im Interesse der Rechtssicherheit"
Wesentlich zu
Schmieds Entscheidung hat der Verfassungsrechtler Bernd-Christian Funk
beigetragen. Er hält Schulversuche für "zu dünnes Eis für die
Neue Mittelschule" und hat ihr daher eine gesetzliche Basis empfohlen.
Zudem stellen Schulversuche ein aufwendiges bürokratisches Verfahren dar,
weil jede neu dazukommende Klasse extra genehmigt werden muss. Und
schließlich sei eine neue Schulart mit dem derzeitigen
Schulorganisationsgesetz gar nicht möglich.
Entlang des Koalitionspakts?
Mit dem Entwurf bewege sie sich
entlang des Regierungsübereinkommens, meint Schmied. Es sehe die Erarbeitung
neuer Schulmodelle für die Sekundarstufe I explizit vor. Dem widerspricht
die ÖVP und sieht die rote Kollegin nur bedingt innerhalb des
Koalitionspaktes.