Wahl-Insider

ÖVP: Pannen-Modus in Türkis

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Umfragewerte für ÖVP-Chef Sebastian Kurz weiterhin herausragend, aber Wahlkampf läuft nicht rund.

 

In der türkisen Welt versteht man die Welt nicht mehr. „Zunächst wurden wir kritisiert, weil wir mit der FPÖ regiert hatten, jetzt werden wir attackiert, weil wir dir Koalition mit den Blauen beendet haben“, beschwert sich Sebastian Kurz gelegentlich im kleinen Kreis.

Trotz herausragender Umfragewerte – die ÖVP liegt trotz Pannenserie und Fehler in Umfragen zwischen 36 und 38 Prozent und damit mindestens 14 Prozentpunkte vor SPÖ und FPÖ – merken auch die Türkisen, dass ihr Wahlkampf alles andere als rund läuft.

Doch wieso häufen sich in der ÖVP die Fehler? Ein Blick hinter die Kulissen des System Kurz hilft dabei, es zu verstehen:

Im Nationalratswahlkampf 2017 war das engere Team vom damaligen VP-­Außenminister Sebastian Kurz bereits seit einem Jahr auf die Politschlacht vorbereitet. Ab Juni 2016 hatten Stefan Steiner, Axel Melchior, Philipp Maderthaner, Gerald Fleischmann, Kristina Rausch, Lisa Wieser und Etienne Berchtold gemeinsam mit Kurz alles minutiös vorgeplant. Die ÖVP hatte für den damals neuen Herausforderer ein präzises Drehbuch.

Dieses fehlt diesmal. Auch das engere Team von Kurz wurde vom Zeitpunkt des Auffliegens des Ibiza-Videos und dem Platzen von Türkis-Blau überrascht.

Märtyrer-Plan

Im Kreis von Kurz bewertet man die Fehler – ein VP-Mitarbeiter hatte Druckerfestplatten unter falschem Namen geschreddert, ein umstrittener Evangelikaler hatte für Kurz in der Stadthalle gebetet, der VP-Chef hatte SP-nahe Berater verdächtigt, hinter dem Ibiza-Video zu stecken – allerdings weit weniger ernst als in Medien und Internet. „Das passiert alles im Hochsommer und die Menschen interessiert das weit weniger, als Journalisten glauben“, sagt ein VP-Stratege. Allerdings: Auch in der ÖVP gibt man zu, dass „wir die ganze Zeit mit Abwehren zu tun haben“. Dieses Abwehren passt freilich zur Märtyrer-Strategie, für die sich die ÖVP ab der Abwahl von Kurz durch eine Rot-Blau-Pilz-Mehrheit im Parlament entschieden hat.

VP-Generalsekretär Karl Nehammer hat dabei die Rolle, mit allen „Anpatzversuchen“ in die Offensive zu gehen. Ob diese Strategie erfolgreich ist, wird die Nationalratswahl am 29. September zeigen.

Isabelle Daniel

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