Die Regierung befürchtet eine zu starke Zuwanderung - es muss ja noch die Arbeitsmarktöffnung für Osteuropa verdaut werden.
Noch abwartend ist Innenminister Günther Platter (V) im Zusammenhang mit der von EU-Justizkommissar Franco Frattini vorgeschlagenen "Blue Card" für den befristeten Zugang ausländischer Arbeitskräfte in die EU. "Aus meiner Sicht bedarf es hier einer eingehenden Analyse, welche Vor- und Nachteile vor allem für nordafrikanische Arbeitnehmer bestehen", sagte er am Montag.
Für Österreich schwieriger bewältigbar
"Gastarbeiterprogramme"
dürften nicht entwickelt werden, meinte Platter am Rande einer
Pressekonferenz: "Das wäre für Österreich auf Grund der Belastung der
vergangenen Jahrzehnte schwierig bewältigbar, und man hat auch keine guten
Erfahrungen damit gemacht." Über die Thematik werde man am Dienstag beim
Treffen der Innenminister in Brüssel debattieren.
Sowohl im Sozial- als auch im Wirtschaftsministerium wird betont, dass man zuerst die Öffnung des Arbeitsmarktes für die neuen EU-Mitglieder in Osteuropa bewältigen müsse.
Buchinger vorsichtig
Aus dem Sozialministerium hieß es, in
Österreich könne die Diskussion über eine Blue Card nicht losgelöst von den
Übergangsfristen für Arbeitskräfte aus den neuen EU-Mitgliedstaaten gesehen
werden, die gelten zumindest noch bis 2009. Die Überlegungen zur Blue Card
könnten die geltenden Kontroll- und Zugangsmechanismen gefährden.
Österreich wolle für das Problem des Facharbeitermangels weiterhin Lösungen auf nationaler Ebene finden, durch Qualifikation, Nachqualifikation und Ausbildung.
Marek zurückhaltend
Auch die im Wirtschaftsministerium
angesiedelte ÖVP-Staatssekretärin Christine Marek warnt: Jetzt gehe es
zuerst um die stufenweise Ostöffnung gegenüber den Nachbarländern. Außerdem
will man die Details zum möglichen Umzug in andere EU-Länder abwarten. Wenn
temporäre Zuwanderer ungehindert in alle anderen Mitgliedstaaten umziehen
könnten, wäre das "harter Stoff" und eine
Systemänderung.
Molterer nicht rundheraus dagegen
ÖVP-Vizekanzler Wilhelm
Molterer kann dem Vorstoß einiges abgewinnen. Allerdings seien noch viele
Fragen offen. Aber "dass Europa bestimmen soll, wer nach Europa kommt",
halte er für richtig. In den USA, Kanada und Australien sei eine ungeregelte
Zuwanderung verboten und nur unter bestimmten Voraussetzungen im Sinn der
erwünschten Qualifikationen erlaubt. "Diese Diskussion möchte ich
hier in Europa führen", so Molterer. Dann brauche es aber auch in
der Asylfrage eine EU-weite Strategie.
ÖGB sagt Nein
Sonst sind die ersten österreichischen
Reaktionen auf den "Bluecard"-Vorschlag durchwegs negativ.
ÖGB-Chef Rudolf Hundstorfer lehnt ihn ab mit der Begründung, dass jedes
einzelne Land für die Zuwanderung von Arbeitskräften selbst zuständig und
verantwortlich sei. Prinzipiell zieht die Gewerkschaft mehr Ausbildung der
eigenen Leute vor.
Die FPÖ sieht darin einen völlig falschen Vorstoß und spricht von der Gefahr einer Massenzuwanderung.