Innenminister im Interview

Karner: "Es gibt kein Durchwinken wie 2015"

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Innenminister Gerhard Karner im ÖSTERREICH-Interview über Schlepper, Asyl-Anträge und Flüchtlingszelte.

ÖSTERREICH: Ist angesichts der Antragszahlen noch ein Unterschied zu 2015?

Gerhard Karner: Es gibt kein Durchwinken! Die Polizei schützt gemeinsam mit dem Bundesheer unsere Grenze und ist im Kampf gegen die internationale Schlepperkriminalität höchst erfolgreich. Wir haben heuer schon mehr als 490 Schlepper festgenommen. Darüber hinaus arbeiten wir eng mit Ungarn zusammen. Es gibt gemeinsame Streifen vor der österreichischen Grenze und an der EU-Außengrenze, um Schlepperei und illegale Zuwanderung zu bekämpfen.

ÖSTERREICH: Sie haben Zelte in insgesamt vier Bundesländern aufgestellt, folgen weitere?

Karner: Das System ist an der Belastungsgrenze angelangt. Es muss verhindert werden, dass sich junge Männer vor Schulen, Kindergärten und Bahnhöfen aufhalten. Deshalb habe ich die BBU, die Bundesagentur für Betreuungs- und Unterstützungsleistungen, damit beauftragt, Maßnahmen zu setzen, um derartige Situationen zu vermeiden. Es ist doch viel besser, sie in Zelten bei Landespolizeidirektionen unterzubringen als auf öffentlichen Plätzen.

ÖSTERREICH: Nach wie vor gibt es viele Asylanträge von Indern und Tunesiern. Sie sollen in die Zelte kommen. Wie lange dauert es, bis ihre Asyl-Anträge abgelehnt sind?

Karner: In diesem Jahr wurden bereits mehr als 14.600 Schnellverfahren geführt. Das bedeutet, dass über deren Asylantrag innerhalb von 72 Stunden entschieden wird. Insgesamt wurden 40.300 Verfahren negativ entschieden oder eingestellt. Das ist ein neuer 
Rekordwert.

ÖSTERREICH: Besteht die Gefahr, dass die Abgelehnten einfach in andere EU-Länder weiterreisen?

Karner: Eines muss klar gesagt werden: Asylwerber sind nicht in Haft und können sich grundsätzlich frei bewegen. Viele ziehen in andere Länder weiter oder kehren in ihre Heimatländer zurück. Die Schnellverfahren in Österreich schrecken viele ab, die praktisch keine Chance auf Asyl haben.

ÖSTERREICH: Sehen Sie Bereitschaft der Länder, mehr Quartiere zu schaffen?

Karner: Alle bemühen sich. Sie haben in diesem Jahr Außergewöhnliches geleistet. Derzeit befinden sich mehr als 91.000 Menschen in Grundversorgung – davon 56.000 aus der Ukraine, vor allem Frauen und Kinder. Es muss aber mit allen Mitteln vermieden werden, dass sich junge Männer auf öffentlichen Plätzen eine Bleibe suchen.

ÖSTERREICH: Ein Grund für den Ansturm sind Ungarn und Serbien, die Asylwerber durchwinken, was tun Sie dagegen?

Karner: Die Zusammenarbeit mit Ungarn bei unserem gemeinsamen Kampf gegen die Schleppermafia ist notwendig und gut. Bis zu 70 österreichische Polizisten sind etwa auch an der ungarisch-serbischen Grenze eingesetzt. Durch die Initiative von Bundeskanzler Nehammer hat Serbien bereits begonnen, seine Visapolitik zu ändern und an die EU anzupassen. Am Donnerstag hat Serbien das Visaabkommen mit Tunesien aufgekündigt. Damit wird auch das Geschäft der Schleppermafia bekämpft, weil dieses Einfalltor nahe der EU-Grenze geschlossen wird. Serbien hat zugesagt, weitere Visa-Verschärfungen für Drittstaaten vorzunehmen.

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