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Islamlandkarte laut Datenschutzbehörde nicht rechtswidrig

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Die Veröffentlichung von Standorten und Informationen über islamische Vereine und Moscheen auf der "Islamlandkarte" der Dokumentationsstelle Politischer Islam hat nicht das Recht auf Geheimhaltung verletzt.

Wissenschafts- und Meinungsfreiheit wiege in diesem Fall schwerer als die Geheimhaltung personenbezogener Daten, heißt es in einem aktuellen Bescheid der Datenschutzbehörde.

Auf der umstrittenen "Islamlandkarte" sind die Standorte der über 600 islamischen Vereine und Moscheen in Österreich abrufbar, auf Unterseiten sind zusätzliche Informationen aufgelistet und es kann anhand verschiedener Kriterien gezielt nach Einrichtungen gesucht werden. Laut Beschwerde der MJÖ, ihrer Landesgruppen und einzelner MJÖ-Vertreter werden dabei auch einige nicht allgemein zugängliche Daten wie Privatanschriften von Vereinsmitgliedern bzw. -funktionären offengelegt. Einige der Beschwerdeführer hätten aber ein besonderes Interesse an der Geheimhaltung, weil sie als muslimische Jugendorganisationen "islamophoben Anfeindungen ausgesetzt" seien und es bestehe "eine reale Gefährdung in Form physischer Angriffe gegen ihre Einrichtungen".

MJÖ reichte Beschwerde ein

Dazu komme, dass aus Sicht der MJÖ auf der Landkarte die Einrichtungen "pauschal als gefährlich und verdächtig hingestellt" würden. Das habe etwa dazu geführt, dass die Identitäre Bewegung in Wien nach Veröffentlichung der Landkarte mit Warnschildern auf dort vermerkte Standorte hingewiesen habe. Dieser politische Zweck sei mit wissenschaftlicher Forschung nicht vereinbar und habe zu einem Missbrauch jener Daten durch Dritte geführt, so die MJÖ.

Die Datenschutzbehörde hat in ihrem mit 9. Februar datierten Bescheid nun festgehalten, dass das Grundrecht auf Wissenschafts-und Meinungsfreiheit im Fall der "Islamlandkarte" höher zu gewichten ist als das Recht der MJÖ bzw. ihrer Landesorganisationen und einzelner Mitglieder auf Geheimhaltung ihrer personenbezogenen Daten. Die Karte liefere einen Beitrag zu einer Debatte von allgemeinem Interesse, da Themen rund um den Islam regelmäßig Gegenstand medialer Berichterstattung seien.

Keine personenbezogenen Daten

Zudem sei weder aus dem Zentralen Vereinsregister (ZVR) noch aus den Informationen der "Islamlandkarte" zur MJÖ und deren Landesgruppen ersichtlich, dass hinter den Vereinsadressen private Adressen stecken. Eine Abklärung dieser Frage würde aber eine "vernünftigerweise zu erwartende Anstrengung" übersteigen.

Mangels Verarbeitung personenbezogener Daten von MJÖ-Vertretern im Rahmen der "Islamlandkarte" könnten diese zudem nicht in ihrem Recht auf Geheimhaltung verletzt worden sein. Den Ausführungen der MJÖ, wonach sie und ihre Landesgruppen durch die Listung auf der "Islamlandkarte" pauschal als Einrichtungen des "politischen Islams" dargestellt würden, kann die Datenschutzbehörde nicht folgen.

Alle datenschutzrechtlichen Bestimmungen eingehalten

Für die Dokumentationsstelle zeigt das Erkenntnis der Datenschutzbehörde "die große Bedeutung der wissenschaftlichen Freiheit und trägt auch künftig dazu bei, die Freiheit der Forschung und der Wissenschaft aufrecht zu erhalten", hieß es in einer Stellungnahme. Die Sicherung der wissenschaftlichen Qualität sei ein Kernelement der wissenschaftlichen Arbeit der Dokumentationsstelle Politischer Islam und jegliche datenschutzrechtlichen Anliegen würden stets wahrgenommen, einzeln geprüft und entsprechend umgesetzt.

Die Entscheidung der Datenschutzbehörde bestätige, dass die Universität Wien auch in diesem Fall die datenschutzrechtlichen Bestimmungen eingehalten habe, hieß es aus dem Rektorat der Uni. Die Uni Wien nehme Datenschutz generell sehr wichtig. Der Entscheid bestätige, dass die Prozesse und Abläufe an der Universität Wien DSGVO-konform gestaltet sind.

Die "Islamlandkarte" hat seit ihrer Präsentation im Mai 2021 wiederholt für Wirbel gesorgt. Der Präsident der Islamischen Glaubensgemeinschaft (IGGÖ), Ümit Vural, sprach von einem "massiven Sicherheitsrisiko" für Muslime. Kritik kam auch von Kardinal Christoph Schönborn und dem evengelisch-lutherischen Bischof Michael Chalupka. Integrationsministerin Susanne Raab (ÖVP) wurde ebenso wie die daran beteiligten Wissenschafter Mouhanad Khorchide und Projektleiter Aslan bedroht.
 

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