Am Rande der UNO-Generalversammlung traf oe24-Politikchefin Isabelle Daniel Außenministerin Beate Meinl-Reisinger zum Interview.
oe24.TV: Die beiden großen Themen bei der UNO-Generalversammlung sind ja der Nahostkonflikt sowie der Krieg in der Ukraine. Wie ist Österreichs Position bei den aktuellen Fragen: Für oder gegen Israel-Sanktionen und eine Anerkennung eines derzeit nicht existierenden Staates Palästina?
Beate Meinl-Reisinger: Über all dem schwebt die ganz große Frage, was tun wir mit der UNO. Weil sie ist wichtig, sie ist gerade für ein kleines Land wie Österreich wichtig, dass ein vitales Interesse daran hat, gehört zu werden und sich nicht einfach nur das Recht des Stärkeren durchsetzt in der Welt, weil dann verlieren wir, dann verliert auch Europa. In der Frage der Ukraine ist klar - wir bemühen uns schon sehr lange -, dass wir sagen, es muss jetzt einmal das Töten ein Ende haben. Wladimir Putin muss zeigen, dass er es ernst meint mit Friedenslösungen.
oe24.TV: Aber er eskaliert weiter.
Meinl-Reisinger: Richtig. Und ich finde, jeder kann jetzt sehen, wer Interesse hat und sich auch bemüht, um diplomatische Lösungen von Trump bis hin zur EU - und wer kein Interesse hat, das ist Putin. Jeder sieht auch: Es ist nicht die NATO, die aggressiv ist gegenüber Russland, sondern Russland provoziert. Wir hoffen und arbeiten auch dahingehend, dass wir sagen, wir brauchen jetzt einmal Signale, dass es ernst ist mit Verhandlungen und bieten natürlich Wien als Ort an, aber auch die Institutionen in Wien, wie zum Beispiel die OSZE als Vermittler.
oe24.TV: Und in der Frage Israel?
Meinl-Reisinger: Wir haben jetzt vor einiger Zeit aus voller Überzeugung diese sogenannte New York Declaration unterzeichnet.
oe24.TV: Das war eine scharfe Verurteilung der Hamas...
Meinl-Reisinger: Ich halte sie für bahnbrechend deshalb, weil sie ein wichtiges politisches Signal der Weltgemeinschaft - es waren letztlich 145 Staaten, die das unterschrieben haben - war für eine Zwei-Staaten-Lösung, für einen wichtigen diplomatischen Prozess, aber vor allem auch, und das ist ja gerade von arabischer Seite wichtig, eine unmissverständliche Verurteilung der Hamas - und die darf auch keine Zukunft haben. Eine Anerkennung ist für uns jetzt zu früh.
oe24.TV: Donald Trump hat ja eine ganz andere Position zur UNO einnimmt. Wird es das erschweren?
Meinl-Reisinger: Wir werden sehen. Meine tiefe Überzeugung ist, und das habe ich auch im Juli gesagt, wie ich Secretary of State Marco Rubio getroffen habe: Ich verstehe 'America First'. Jede Regierung hat zuallererst die Aufgabe, auf die eigenen Bürger und Bürgerinnen zu schauen. Aber wenn man sich vor Augen führt, was für Herausforderungen die Welt hat, welche Zukunftsängste bestehen, Verunsicherung, so ist doch völlig klar, dass 'America First' nicht 'America Alone' heißen darf.