Justizministerin Alma Zadić (Grüne) hat im ÖVP-Korruptions-U-Ausschuss angekündigt, bis zum Sommer ein Reformprogramm "Justiz 2030" ins Leben rufen zu wollen.
Die Leiterin der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft, Ilse-Maria Vrabl-Sanda, hat den ÖVP-Untersuchungsausschuss am Mittwoch genutzt, um für Verbesserungen im Justizbereich zu plädieren. Zuvor war Justizministerin Alma Zadic (Grüne) an der Reihe. Ihre in geheimer Sitzung verkündete Suspendierung des Leiters der Wiener Oberstaatsanwaltschaft, Johann Fuchs, sickerte nach kurzer Zeit an die Öffentlichkeit durch.
In ihrer mehr als vierstündigen Einvernahme, die in den Abendstunden zu Ende ging, sprach Vrabl-Sanda mutmaßliche politische Einflussnahme auf Ermittlungen an. "Ich denke, wir sollten die Chance nützen, dieses unrühmliche Kapitel abzuschließen um daraus zu lernen", sagte sie. Vrabl-Sanda hatte bereits im Ibiza-Untersuchungsausschuss zum Justizstreit mit dem suspendierten Strafrechtssektionschef Christian Pilnacek als Kernfigur ausgesagt. Schon seit Jahren gibt es Spannungen zwischen WKStA, ihm und Fuchs.
Seit Vrabl-Sandas letzter Befragung im U-Ausschuss sind Informationen aufgetaucht, wonach Pilnacek und Fuchs Korruptionsstaatsanwälte im Rahmen der Dienst- und Fachaufsicht observieren lassen wollten. Als Reaktion darauf entzog Vrabl-Sanda der "Soko Tape" - sie hätte das Ansinnen durchführen sollen - den Ermittlungsauftrag in der Causa Ibiza wegen Befangenheit. Fuchs waren bereits im Vorjahr die Kompetenzen für die Aufsicht über die WKStA entzogen worden. Am Mittwoch wurde schließlich seine Suspendierung und Anklageerhebung gegen ihn bekannt.
Dass es Aktenleaks aus ihrer Staatsanwaltschaft gegeben haben könnte, stellte Vrabl-Sanda in der Erstbefragung durch die Verfahrensrichterin in Abrede. Bezüglich "Soko Tape" sprach sie von "besonders gravierende Auffälligkeiten", etwa durch die verheimlichte Auffindung des Ibiza-Videos, vor allem aber durch zuletzt an die Öffentlichkeit gelangte Chats zwischen Fuchs, Pilnacek und dem nunmehrigen Bundeskriminalamtschef Andreas Holzer.
Dass der Eindruck entstehe, es entstünden überall dort Konflikte, wo die WKStA mit anderen Behörden zu tun habe, begründete sie damit, dass der Schutz des Ermittlungsverfahrens für sie über allem zu stehen habe: "Wenn ich eine Ermittlungsgefährdung sehe, im besten Sinne des Wortes stehe ich dann auf und streite", so Vrabl-Sanda.
Zadic will Reform
Zuvor hatte Justizministerin Zadic ein Reformprogramm für die Justiz in Aussicht gestellt. Seit ihrem Amtsantritt habe sie bereits tiefgreifende Änderungen in der Aufsicht insbesondere der WKStA vorgenommen, unterstrich sie in ihrem Eingangsstatement. "Die Chats und die Vorkommnisse der Vergangenheit haben unser Bild von der Justiz zum Teil auf eine harte Probe gestellt", betonte sie. Viele seien "abgestoßen und zugleich verunsichert" gewesen. Es habe sich ein Sittenbild und Amtsverständnis offenbart, dem viele Menschen auch in der Justiz nicht folgen wollten. "Ich habe unmittelbar nach meinem Antritt begonnen, die Fehler der Vergangenheit zu korrigieren", hob sie hervor.
Am Mittwoch wurde zudem bekannt, dass die WKStA auch gegen den U-Ausschuss-Vorsitzenden und Nationalratspräsidenten Wolfgang Sobotka (ÖVP) ermittelt. Anlass ist eine Postenbesetzung aus dem Jahr 2017. Die Opposition forderte deshalb den Rückzug Sobotkas als Vorsitzender im U-Ausschuss. Die Causa gleich in der Mittwoch-Sitzung zu thematisieren, ließ die Verfahrensrichterin nicht zu, weil Zeugin Vrabl-Sanda nicht zum Beweisthema "Begünstigung bei der Personalauswahl" geladen war.