Wirbel um "Die Stadtratte"

FPÖ Braunau mit Hetzgedicht gegen Migranten

Teilen

LH Stelzer nannte das Gedicht im freiheitlichen Parteiblatt 'widerlich'. SPÖ nimmt Kurz in die Pflicht.

Ein ausländerfeindliches Gedicht, im Parteiblatt der FPÖ Braunau in Oberösterreich, erzürnt nicht nur die SPÖ, sondern auch den Koalitionspartner im Land. Unter dem Titel "Die Stadtratte (Nagetier mit Kanalisationshintergrund)" werden darin Vergleiche zwischen Menschen und Ratten gezogen. Landeshauptmann Thomas Stelzer (ÖVP) nannte das Gedicht "widerlich" und forderte eine Distanzierung.

In dem Gedicht wird über Migranten hergezogen sowie über das Bekenntnis zur eigenen Heimat und die "Vermischung" von Kulturen und Sprachen gereimt. Der Braunauer FPÖ-Stadtrat Hubert Esterbauer, laut Impressum verantwortlich für den Inhalt, zeigte sich gegenüber dem "Standard" unglücklich mit dem Gedicht. Verfasst worden sei es vom Vizebürgermeister Christian Schilcher (ebenfalls FPÖ), der damit "bestimmte Themen pointiert" vermitteln wollte.

Stelzer: "Dieses Gedicht ist widerlich"

"Dieses 'Gedicht' ist widerlich", reagierte Stelzer, der mit der FPÖ auf Landesebene in einer Koalition ist, auf APA-Anfrage auf das "Ratten-Gedicht". "In einem weltoffenen Land wie Oberösterreich haben solche Vergleiche keinen Platz und werden auch nicht toleriert. Ich erwarte mir, dass sich die FPÖ rasch und deutlich von diesem 'Gedicht' distanziert", meinte er weiter. Auch die oberösterreichische SP-Chefin Birgit Gerstorfer reagierte in einer Aussendung schockiert.

SPÖ-Chefin Rendi-Wagner nimmt Kanzler in die Pflicht

SPÖ-Bundesparteiobfrau Pamela Rendi-Wagner erinnert das Gedicht "fatal an einen sprachlichen Umgang mit Menschengruppen, wie er in der NS-Propaganda üblich war". Sie nahm gegenüber der APA Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) in die Pflicht. Dieser habe erklärt, die FPÖ sei an ihren Taten zu messen. "Will der Kanzler in dieser Sache Glaubwürdigkeit haben, muss er jetzt handeln", forderte Rendi-Wagner Konsequenzen durch den Kanzler.


Kurz fordert umgehend Distanzierung durch FPÖ Oberösterreich

Bundeskanzler Kurz fordert von Oberösterreichs Freiheitlichen eine Distanzierung von einem ausländerfeindlichen Gedicht der FPÖ Braunau. In dem Text werden Migranten mit Ratten verglichen. "Die getätigte Wortwahl ist abscheulich, menschenverachtend sowie zutiefst rassistisch und hat in Oberösterreich und im ganzen Land nichts verloren", so Kurz am Montag gegenüber der APA.

"Es braucht sofort und unmissverständlich eine Distanzierung und Klarstellung durch die FPÖ Oberösterreich", meinte Kurz wörtlich. Dabei stelle er sich auch hinter Oberösterreichs ÖVP-Landeshauptmann Thomas Stelzer, der "schnell und richtig" gehandelt habe. "Hier darf nicht weggeschaut werden, sondern es müssen klar Grenzen gezogen werden", so der Bundeskanzler.

Einen sofortigen Rücktritt von FPÖ-Stadtrat Hubert Esterbauer forderte indes Grünen-Bundesrat David Stögmüller. Das Gedicht erinnere in Stil und Inhalt "an das dunkelste Kapitel unserer Geschichte", schrieb er in einer Aussendung. Zudem verlangte er von ÖVP und SPÖ, "einen klaren Schlussstrich" unter die Koalitionen mit der FPÖ zu ziehen.

Verfasser des kritisierten Textes nahm Stellung

Der Verfasser des ausländerfeindlichen "Ratten-Gedichts", der Braunauer Vizebürgermeister Christian Schilcher (FPÖ), hat am Montagnachmittag Stellung zu seinem viel kritisierten Werk genommen. "Ich wollte mit meinem Text provozieren aber keinesfalls beleidigen oder gar jemanden verletzen", teilte er in einer Aussendung mit.
 
"Dass der Vergleich von Mensch und Ratte historisch belastet und mehr als unglücklich ist, ist ein Faktum und es tut mir aufrichtig leid, das missachtet zu haben", so Schilcher weiter. Er habe schlicht aus Sicht eines Tieres, das eine Stadt von unten beobachtet, Veränderungen beschrieben, die er und andere "durchaus zu Recht" kritisieren würden. Dafür habe er sich selbst und seine Familie in die Perspektive der Tiere gesetzt.
 
Zugleich bat Schilcher um Verständnis für seine "unscharfe, tatsächlich zu wenig präzis durchdachten Formulierungen". Er habe nur sagen wollen: "Wer zu uns kommt und sich an unsere Gesetze hält, kann ein Teil von uns werden, wer unsere Gesetze und Gebräuche miss-oder gar verachtet, kann das nicht."
 
Der Landesparteisekretär der FPÖ Oberösterreich, Erwin Schreiner, bezeichnete das Gedicht in einer Aussendung am Nachmittag als "geschmacklos". "Dass der Autor auch sich selbst in diesen Rattenvergleich miteinbezieht, macht die Sache dabei nur unwesentlich besser", teilte er mit. Das Gedicht habe letztlich Tendenzen, die man keinem Interpretationsspielraum überlassen dürfe. Seitens der Landespartei habe man bereits ein ernstes und klärendes Gespräch mit dem Autor geführt. Dieser sei "voll einsichtig", so Schreiner.

Auch Strache sorgte für Aufregung

Aufregung hatte es am Osterwochenende auch um ein Facebook-Posting von Vizekanzler und FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache gegeben. Die SPÖ warf ihm vor, in seinem privaten Profil einen Artikel einer rechtsextremen Website gepostet zu haben, Strache wies den Vorwurf "aufs Schärfste zurück". Zu dem Zeitpunkt, als Strache das Posting veröffentlicht hatte, sei "keine dementsprechende Aussage auf dieser Homepage ersichtlich" gewesen, hieß es in einer Aussendung.

Linzer Burschenschaft machte Werbung für Identitäre

Indes wurden auch weitere Details zum Verhältnis der Linzer Burschenschaft "Arminia Czernowitz" zu den Identitären bekannt. Wie die "Wiener Zeitung" am Montag in ihrer Online-Ausgabe berichtete, hat die Burschenschaft bereits ab 2012 Werbung für die rechtsextreme Identitäre Bewegung auf ihrer Homepage gemacht. Zudem waren Mitglieder der Identitären schon in der alten Bude der Arminia zu Gast.

Die Burschenschaft, der etwa in Linz Vizebürgermeister Markus Hein (FPÖ), Stadtrat Michael Raml sowie mehrere freiheitliche Gemeinderäte angehören, ist aktuell in der "Villa Hagen" gemeldet. Die Politiker beteuerten zuletzt, nichts von einem weiteren Mieter, den Identitären, gewusst zu haben. Diese betrieben dort ihr "Khevenhüller Zentrum", bis das Mietverhältnis Anfang April gekündigt wurde.

Doch schon vor ihrer Einmietung in die "Villa Hagen" sollen laut den Recherchen der "Wiener Zeitung" die Identitären dort Veranstaltungen abgehalten haben. Das würden inzwischen nicht mehr abrufbare Einträge der Identitären auf deren Website zeigen.

Fehler im Artikel gefunden? Jetzt melden.