Rudi Anschober

''Minister Cool'' in Zeiten der Corona-Krise

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Kein Regierungsmitglied steht derzeit heftiger unter Druck als Grünen-Minister Anschober.

 

Cool und ruhig. ­Corona-Schock-Meldungen steckt er weg, täglich neue Herausforderungen versucht er Stück für Stück abzuarbeiten. Jetzt hat der grüne Gesundheitsminister Rudi Anschober einen Notfall-Plan in 9 Punkten erlassen, der ÖSTERREICH vorliegt:

  • Verdacht. Bei jedem Verdachtsfall muss die Bezirksverwaltungsbehörde Nachforschungen im Umfeld anstellen, um weitere Erkrankte zu finden.
  • Testung. Wer alle Voraussetzungen für einen Krankheitsverdacht erfüllt (etwa Reise ins Risiko-Gebiet, kann sich je nach Lage ändern), muss getestet werden. Wer keine Symptome hat, wird nicht getestet.
  • Quarantäne. Bei positiver Testung wird die Person „abgesondert“. Kontaktpersonen werden in 2 Gruppen gegliedert: Wer engen Kontakt hatte, muss auch in Quarantäne. Die anderen beobachten, ob sie selbst Symptome aufweisen.
  • Spital. Die „Absonderung“ findet je nach Schwere der Krankheit im Krankenhaus oder zu Hause statt.
  • Eintragung. Verdachtsfälle müssen im „Epidemiologischen Melderegister“ registriert werden.
  • Info. Via Landessanitätsrat sind die Krisenstäbe von Ländern und Bund „ohne Zeitverzug“ zu informieren.
  • Anordnungen. Die zuständige Behörde gibt Anordnungen etwa an Schulen (Ministerium) oder Kindergärten (Länder) weiter.
  • Sicherheit. Beamte der öffentlichen Sicherheit unterstützen die Gesundheitsbehörden zum Beispiel bei der „Absonderung Kranker“ oder bei den Verkehrsbeschränkungen wegen eines Verdachtsfalles.
  • Einhaltung. Die Länder müssen die Einhaltung dieses Planes überwachen.

Aschober: "Keine Panik, aber Anlass zur Sorge"

Im ÖSTERREICH-Interview spricht Anschober über das Virus und darüber, wie er mit dem Druck umgeht.

ÖSTERREICH: Harte Tage für Sie als Neo-Minister  …

Rudi Anschober: Na ja, ich hatte nicht viel Zeit, aber man kann sich die Probleme nicht aussuchen. Natürlich ist das eine Herausforderung. Größer ist sie aber für jene, die erkrankt sind. Auch ist es eine Heraus­forderung für das ganze Land. In Situationen wie dieser ist es besonders wichtig, dass alle eng zusammenarbeiten. Und das funktioniert. Ich habe selten ­eine derartige Einigkeit innerhalb der Regierung und den Bundesländern erlebt wie in dieser schwierigen Frage.

ÖSTERREICH: Wie schätzen Sie das tatsächliche Gefahrenpotenzial durch Corona ein?

Anschober: Es gibt keinen Platz für Hysterie, aber Anlass zur Sorge. Wir müssen vorsichtig, aufmerksam und sehr konsequent sein. Müssen eine ruhige Hand bewahren. Natürlich können wir keinen Glassturz über das Land stülpen, das funktioniert nicht. Unseren Beitrag dazu können wir aber leisten, dass aus einer Corona-Epidemie keine globale Pandemie wird. Eine Pandemie wäre eine wirkliche Katastrophe mit viele Betroffenen. Derzeit halten wir noch bei einer regionalen Epidemie mit weltweit 82.000 Erkrankten, davon 78.000 in China. Aber auch die Todesfälle sind hauptsächlich in China. Seit dem Ausbruch in Italien wissen wir aber, wie sehr auch Europa betroffen ist. Corona ist in Europa angekommen. Damit müssen wir jetzt umgehen und wir haben eine klare Strategie fixiert. Diese heißt Abgrenzung, den Betroffenen isolieren, auch sein Umfeld. Damit soll die Ausbreitung möglichst eingeschränkt werden.

ÖSTERREICH: Was ist derzeit die größte Schwierigkeit?

Anschober: Wir haben nach wie vor 125.000 Grippekranke oder Erkrankte mit grippeähnlichen Problemen. Grippe und Corona haben wiederum ganz ähnliche Symptome, das schafft natürlich zusätzliche Probleme. Auch wird die Zahl der Corona-Infizierten weiter zunehmen. Es gibt aber auch positive Faktoren: Von weltweit 82.000 Erkrankten sind bereits 30.000 wieder geheilt. Gut 80 Prozent der Erkrankten müssen nicht ins Krankenhaus, können häuslich gepflegt werden. Es gibt keinen Grund zur Panik, aber wir müssen sehr ernsthaft mit der Situation umgehen.

ÖSTERREICH: Trotz Dauerdruck wirken Sie ruhig …

Anschober: Es ist notwendig, mit ruhiger Hand Politik zu machen. Ruhe signalisiert Sicherheit. Das ist nicht gespielt, das ist mein Charakter, meine Persönlichkeit.

ÖSTERREICH: Die FPÖ sieht das anders. Sie wirft Ihnen und der Regierung in der Corona-Frage schlechtes Management vor.

Anschober: Das kommentiere ich gar nicht. Jetzt sind wir als Gemeinschaft gefordert, wir als Volksvertreter müssen konstruktiv und so eng wie möglich zusammenarbeiten.

ÖSTERREICH: In Italien sind ganze Orte abgeriegelt. Kommt das auch bei uns?

Anschober: Davon sind wir wirklich weit entfernt. Wir wissen aber alle nicht, wie es in einigen Monaten aussehen wird. Kein Wissenschaftler der Welt kann das im Augenblick vorhersagen.

ÖSTERREICH: Sie waren vor einiger Zeit selbst krank – Burnout. Wie geht’s Ihnen heute?

Anschober: Das Wichtigste ist, dass man aus einem gesundheitlichen Problem etwas lernt, dann ist man nachher stärker als vorher. Ich habe meine Lektion gelernt. Man kann nichts erzwingen. Auch habe ich gelernt, selbst in solchen Situationen manchmal auf mich selbst zu schauen. Karl Wendl

 

D. Knob; Interview: Karl Wendl

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