Nachdem türkische Medien berichtet hatten, dass Kardinal Schönborn die Finanzkrise als "Strafe Gottes" bezeichnet hatte, gehen die Wogen hoch.
Von der "Strafe Gottes" zu reden, gehöre nicht zum Wortschatz von Kardinal Christoph Schönborn, betonte der Pressesprecher der Erzdiözese Wien, Erich Leitenberger, am Dienstag im Hinblick auf Meldungen einer türkischen Tageszeitung. Der Wiener Erzbischof habe am Montag bei seiner Pressekonferenz in Ankara vielmehr darauf verwiesen, dass die Nichtbeachtung einzelner der zehn Gebote und von Grundtugenden zur gegenwärtigen globalen Finanzkrise beigetragen habe.
Der Kardinal habe daran erinnert, dass Gier, Verantwortungslosigkeit und Maßlosigkeit wesentlich zu den dramatischen Entwicklungen geführt hätten. Dieser Analyse werde jeder zustimmen, der sich mit der augenblicklichen Situation befasse, unterstrich Leitenberger.
Schönborn und Bardakoglu hatten über die Wurzeln der weltweiten Finanzkrise dikutiert. Die Tageszeitung hatte berichtet, dass Schönborn gesagt hätte, man könne die Krise durchaus als Strafe Gottes ansehen.
"Österreicher nicht rassistisch"
Die Österreicher
sind für Kardinal Christoph Schönborn weder rassistisch noch rechtsradikal.
Das Erstarken rechtsgerichteter Parteien bei den jüngsten Nationalratswahlen
sei vielmehr Ausdruck eines Protestes gegen die Regierungsparteien gewesen,
betonte der Wiener Erzbischof in Ankara. Bardakoglu unterstrich seinerseits,
dass sich Schönborn stets für die in Österreich lebenden Türken eingesetzt
habe.
Besuchsdiplomatie
Kardinal Schönborn, der von Bardakoglu
eingeladen wurde, ist der höchste katholische Würdenträger, der die Türkei
seit der Reise von Papst Benedikt XVI. 2006 besucht. Der Diyanet-Chef war im
Vorjahr zur Eröffnung eines Zentrums der Türkisch-Islamischen Union nach
Wien gekommen.
Keine Anerkennung für Katholizismus
Die Europäische Union
hat von der Türkei mit Nachdruck das Ende der Benachteiligung
nichtmuslimischer Religionsgemeinschaften verlangt. Der katholischen Kirche
wird vom türkischen Staat die juridische Anerkennung versagt. Auch die unter
den Vertrag von Lausanne (1923) zwischen den Siegermächten des Ersten
Weltkriegs und der Türkei fallenden Gemeinschaften (Orthodoxe, Armenier und
Juden) sind von Restriktionen bei Besitzrechten, Bildungseinrichtungen und
Ausbildung ihrer Geistlichen betroffen.