Studie

Schulwesen: Hohe Ausgaben, wenig Wirkung

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Die Studie soll kein eindeutiges Plädoyer für die Gesamtschule sein, aber doch eine deutliche Präferenz sein.

"Im österreichischen Schulsystem sind im internationalen Vergleich die Ausgaben hoch und die Ergebnisse mittelmäßig." So fasste der Chef des Instituts für Höhere Studien (IHS), Bernhard Felderer, die Ergebnisse der vom Unterrichtsministerium in Auftrag gegebenen Studie über die "Ökonomische Bewertung des österreichischen Schulwesens" zusammen, die am Montag gemeinsam mit Unterrichtsministerin Claudia Schmied (S) präsentiert wurde. Ausgabenerhöhungen in diesem Sektor seien derzeit ohne Reformen, die eine Effizienzverbesserung sicherstellen würden, "nicht zu empfehlen", sagte Felderer.

Grundproblem ist unübersichtliche Schulverwaltung
Als "wesentliches Grundproblem" ortet der IHS-Chef die "extensiv bürokratische und sehr unübersichtliche" Schulverwaltung. Weitere Probleme seien ein hoher Anteil an Personalkosten. Alleine im Pflichtschulbereich sieht das IHS im Vergleich mit anderen westeuropäischen Ländern Einsparungsmöglichkeiten von zehn bis zwölf Prozent. Kostentreibende Faktoren seien u.a. Klassenwiederholungen oder das "merkwürdige Zulagensystem für Lehrer". Dabei betont Felderer, dass das Einsparungspotenzial nicht bedeuten würde, "dass Lehrer zu viel verdienen, sondern es Ausdruck der Ineffizienz des Systems ist".

Doppel- und Mehrgleisigkeiten müssen beseitigt werden
Unterrichtsministerin Schmied sieht mit der Studie die Regierungslinie bestätigt, Doppel- und Mehrgleisigkeiten zu beseitigen. Es sei wichtig, dass die Ergebnisse der Studie in die politische Gestaltung mit einfließen, etwa bei den anstehenden Finanzausgleichsverhandlungen und den Beratungen der Verfassungs- und Verwaltungsreform-Gruppe. "Faktum ist, dass wir an einem ganz entscheidenden Punkt in der Bildungspolitik angelangt sind. Es geht um die Chancen einer ganzen Generation, wenn wir jetzt nicht handeln, verlieren wir den Anschluss an internationale Entwicklungen", sagte Schmied.

Angesichts der jüngsten Bemühungen der Politik, die Klassengrößen zu senken, kommt die IHS-Studie laut Bernhard Felderer zu einem überraschenden Ergebnis: Faktoren wie Klassengröße, Unterrichtszeit oder Ausbildung der Lehrer würden "keine große Rolle für die Kenntnisse der Schüler spielen". Dagegen hätten andere Faktoren wie familiäre Situation, sozialer Hintergrund, Auswahl der Lehrer, Zusammensetzung der Schulklassen einen viel größeren Einfluss. Für Felderer ergibt sich daraus ein "Steuerungsdilemma: jene Variablen, die leicht zu beeinflussen sind, sind nicht so leicht zu verwenden, wir müssen für Reformen tiefer greifen".

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Kritisch sieht der IHS-Chef die Konzentration der Reformdiskussionen auf das mittlere Bildungssegment. Dagegen gebe es im tertiären Sektor (Unis, Fachhochschulen, etc.) zu wenige Abschlüsse und auch eine zu geringe Differenzierung im Vergleich zu anderen Ländern. "Gott sei Dank gibt es die Fachhochschulen, sonst würden wir arm dastehen", sagte Felderer. Schwierigkeiten ortet er auch im untersten Bildungssegment, etwa was den Unterricht von Schülern betrifft, die schlecht Deutsch können, solche mit Migrationshintergrund oder aus sozial schwächeren Schichten. Indiz für Probleme in diesem Bereich sie die Tatsache, dass noch immer neun Prozent eines Jahrgangs keinen höheren Abschluss als die Pflichtschule aufweisen würden. "Ich glaube nicht, dass wir uns das noch leisten können", sagte Felderer.

Differenzierung des Schulsystems von Bedeutung
Die Frage sei, wie man solche schlechter ausgestatteten Schüler, aber ebenso Hochbegabte besser fördern könne. Eine weitere Differenzierung des Schulsystems wird unerlässlich sein. Derzeit werden weder hochbegabte Schüler noch solche mit Migrations- oder bildungsfernem familiärem Hintergrund "in dieser Art von Schule, die wir heute haben, richtig gefördert". Das IHS gebe kein eindeutiges Plädoyer für eine "Gemeinsame Schule" ab, aber wichtig für die Zukunft des Landes sei, dass man nicht Gruppen liegen lasse, und das tue man derzeit. "Damit eine gemeinsame Schule funktionieren kann, bedarf es bestimmter Strukturen, man braucht ein sehr differenziertes System von Kursen, eine bestimmte Größe der Schulen und auch viel mehr Mittel als man heute hat. Diese Schule kann nicht billiger werden", sagte Felderer.

Bessere Ergebnisse durch mehr Autonomie
Internationale Vergleichsstudien würden zeigen, dass Schulergebnisse dann besser werden, wenn die einzelnen Schulen mehr Autonomie haben (Felderer: "In Österreich denkbar gering") - etwa bei Personalentscheidungen -, Lehrer ihre Lehrmethoden selbst auswählen können, Eltern stärker eingebunden und der Lernfortschritt durch regelmäßige Prüfungen kontrolliert wird. Gleichzeitig sollten Schulautonomie und externe Prüfungen der Schüler kombiniert werden, denn "die Schule kann sich nicht selbst bescheinigen, dass sie gut gearbeitet hat". Gleichzeitig sollte, so Felderer, die "Entlohnung" der Schulen nach deren Schülerzahl erfolgen, ähnlich den Fachhochschulen, die pro Studienplatz finanziert werden. Damit würde der Wettbewerb zwischen den Schulen, auch zwischen privaten und öffentlichen, verstärkt.

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