Sparpaket

Jetzt reden die Landes-Chefs

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Häupl will Vermögen besteuern, Pröll nicht einmal darüber reden.

Häupl: Zwei Drittel durch neue Steuern, ein Drittel durch Sparen

ÖSTERREICH: Wie schlägt sich die Koalition beim Sparen?
Michael Häupl: Die Schuldenbremse ist durchaus eine vernünftige Sache. Ich meine nur, es wäre vernünftiger gewesen, wenn die Regierung gleich dazu gesagt hätte, wie sie mit Leben erfüllt, also wo saniert werden soll.
ÖSTERREICH: Wie sehen Sie das Nein der Opposition?
Häupl: Die Vorschläge des BZÖ (zur Festschreibung der Abgabenquote) wären eine Fußfessel für die öffentliche Haushalte. Noch absurder ist natürlich die FPÖ, die ja de facto einen Austritt aus dem Euro und der EU anstrebt.
ÖSTERREICH: Aber die ÖVP verhandelt doch schon mit der FPÖ.
Häupl: Herr Strache war ja relativ grob mit seiner Zurückweisung. Ich glaube, der Vizekanzler hätte sich das ersparen können.
ÖSTERREICH: Zum Sparpaket selbst: In welchem Verhältnis sollen Einnahmen zu Ausgaben stehen?
Häupl: Angesichts dessen, wie niedrig vermögensbezogene Steuern bei uns im Vergleich zum europäischen Durchschnitt liegen, würde ich mir wünschen: zwei Drittel einnahmenseitig und ein Drittel ausgabenseitig.
ÖSTERREICH: Die ÖVP steht da auf der Bremse. Wie geht das Match am Ende aus?
Häupl: Ich glaube, es wird ein halbwegs vernünftiger Kompromiss sein. Es gibt auch schon in der ÖVP sehr viele, die sagen: Im Vermögensbereich muss man wirklich was machen.
ÖSTERREICH: Würden Sie ­eine klassische Vermögenssteuer einführen? Oder den Umwidmungsgewinn bei Grundstücken besteuern?
Häupl: Es gibt eine Reihe von Maßnahmen, über die man reden muss. Etwa eine Börsensteuer oder auch eine Steuer auf den Umwidmungsgewinn. Bei der Grundsteuer müsste man die Bemessungsgrundlage überdenken.
ÖSTERREICH: Erbschafts- und Schenkungssteuer?
Häupl: Man muss zur Kenntnis nehmen, dass ein erheblicher Prozentsatz der Bevölkerung das nicht will. Gegen das Volk recht zu behalten ist nicht immer das Schlaueste.
ÖSTERREICH: Wie ist Ihre Meinung zu den Studiengebühren? Burgstaller sagt, es gibt eine schweigende SPÖ-Mehrheit dafür.
Häupl: Am Parteitag Mitte 2012 wird man sehen, wer die schweigende Mehrheit ist. Ich halte mich an Parteitagsbeschlüsse.
ÖSTERREICH: Und vom Kreditmodell …
Häupl: … halte ich nichts. Das ist eine soziale Selek­tion unter den Akademikern. Und eine Akademikersteuer ist überhaupt das Absurdeste, das ich je gehört habe.
ÖSTERREICH: Glauben Sie, dass die Regierung dieses Sparpaket überlebt?
Häupl: Natürlich sehe ich ein Konfliktpotenzial, keine Frage. Aber angesichts des zu befürchtenden Wahlergebnisses ist es zielführender, zu einer Einigung zu kommen. Wenn man meint, das sei nicht gut und man hat lieber Schwarz-Blau oder noch schlimmer Blau-Schwarz, dann wird man das boykottieren.
ÖSTERREICH: Liegt es an der ÖVP, wenn es schiefgeht?
Häupl: Natürlich. Wir haben kein Interesse daran, die SPÖ hat keine andere Regierungsoption, Rot-Grün geht sich zu meinem großen Bedauern derzeit nicht aus.
ÖSTERREICH: Ihr Freund Erwin Pröll hält Strache für lernfähig, dass der seine Anti-EU-Linie aufgeben wird.
Häupl: Da bin ich ausnahmsweise anderer Meinung als mein Freund Erwin Pröll. Warum soll Herr Strache damit aufhören? Er lebt ja davon.
Interview: C.Mierau / G.Schröder

Das Interview mit Erwin Pröll lesen Sie auf Seite 2 >>>

Pröll: "Sollten nur mehr über Einsparungen reden"

Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll (VP) will mehr als zwei Milliarden einsparen – und warnt vor rot-grünem Probe-Galopp.
ÖSTERREICH: Rezession, Verlust des Triple A – Explosion der Schulden. Glauben Sie an solche Horrorszenarien?
ERWIN PRÖLL: Der wichtigste Faktor für Österreich ist, dass wir jetzt international eine gute Bonität vorweisen können und dass unser Triple A hält. Trotzdem glaube ich, dass die von der Regierung angekündigte Schuldenbremse genau die richtige Antwort ist – und ich kann nur dringend raten, dass es auf der Bundesebene zu einem nationalen Schulterschluss kommt.
ÖSTERREICH: Die SPÖ will mit der FPÖ aber nicht dar­über verhandeln.
PRÖLL: Das halte ich für einen sehr schweren Fehler. Man sollte auf keinen Fall politische Gruppen von ­einer nationalen Kraftan­stren­gung ausschließen. Das Signal auf internationaler Ebene wäre viel stärker, wenn die gesamte Opposi­tion eingebunden wäre.
ÖSTERREICH: Wenn die FPÖ ohne EU-Volksabstimmung und die Grünen ohne Vermögenssteuer nicht wollen?
PRÖLL: Wenn diese Parteien nicht wollen, dann wird für sie sehr rasch die Stunde der Wahrheit kommen. Weil sie vom Wähler die Quittung bekommen werden, wenn sie parteipoli­tischen Egoismus über staatspolitische Verantwortung stellen.
ÖSTERREICH: Wie viel wird die Regierung einsparen müssen. Drei Milliarden?
PRÖLL: Wir sollten uns 2012 beim Sparen die Latte nicht zu tief legen. Je höher die Sparlatte liegt, umso besser die Kraftanstrengung. Und wir brauchen sicher mehr als zwei Milliarden, weil wir Reserven brauchen, um die Wirtschaft anzukurbeln.
ÖSTERREICH: Wo soll gespart werden?
PRÖLL: Sicher einmal bei den ÖBB, sicher bei den Frühpensionen, die ja schon angegangen werden. Dann bei den Förderungen, wo ich große Hoffnungen in die Transparenzdatenbank setze. Die bringt Hunderte Millionen – von der Mindestsicherung bis zu den Doppelgleisigkeiten zwischen Bund und Ländern, die aufhören müssen. Dann muss im Bildungsbereich klug gespart werden: Wir sollten endlich die Bezirksschulräte auflösen, mehrere Schulen unter einer Direktion führen können. Aber das verhindert die Bildungsministerin bis heute.
ÖSTERREICH: Sie sind auch ein Freund einer Reichensteuer, einer Solidarabgabe, wie sie der ÖAAB fordert.
PRÖLL: Ich bin definitiv nicht bereit, jetzt über steuerpolitische Maßnahmen zu diskutieren. Sobald wir über höhere Steuern für wen auch immer nachdenken, lässt sofort der Druck fürs Sparen nach. Deshalb sollten wir die nächsten zwei Monate nur über die Sparziele, aber nicht mehr über höhere Steuern sprechen. Der Bundeskanzler macht mit seinen ständigen Steuervorschlägen aus der Arbeiterkammer katastrophale Fehler. Das Bundeskanzleramt hängt ja in Wahrheit am Gängelband der Arbeiterkammer, ohne eigene Konzepte.
ÖSTERREICH: Geht unser Land auf Neuwahlen zu?
PRÖLL: Neuwahlen sehe ich weit und breit nicht. Was ich sehe, ist aber, dass die SPÖ diese staatspolitisch so dramatische Situation, in der wir sind, dazu benützt, den einen oder anderen Probegalopp für Rot-Grün zu reiten. Und das halte ich für sehr schlecht. Ich würde mir wünschen, dass die Große Koalition eine langfristige Perspektive hat – über den nächsten Wahltag hinaus. In Zeiten, in denen es immer schwieriger wird, ist es gut, wenn eine Regierung auf der breitest möglichen Basis steht.
Interview: Wolfgang Fellner

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