EU-Wahlkampf

Strache provoziert Kanzler Kurz

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Die FPÖ geht vor der Europawahl voll auf Konfrontationskurs zum Koalitionspartner.

Wien. Das saß. „Wir brauchen keinen Oberlehrer“, richtete Vizekanzler Heinz-Christian Strache (FPÖ) seinem Regierungspartner, Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP), am Sonntag via ÖSTERREICH-Interview aus.

Das Echo, vor allem auf Twitter, war enorm. Immer mehr zeigt sich, dass der EU-Wahlkampf zur massiven Belastungsprobe für die türkis-blaue Koalition wird. Strache und sein Europakandidat Harald Vilimsky haben bei der FPÖ den Schalter von „staatstragend“ auf „aggressiv“ umgelegt.

Orbán in die Fraktion. Heute setzt Vizekanzler Strache seinen nächsten Schlag, Kanzler Kurz zu provozieren. Er fährt nach Budapest und trifft dort den ungarischen Premierminister Viktor Orbán. Sein Ziel: Er will den Rechtsaußen, dessen Mitgliedschaft in der christlich-sozialen Europafraktion ruhend gestellt ist, in seine Fraktion aus FPÖ, der fran­zösischen Le-Pen-Partei und der italienischen Salvini-­Lega holen. „Zum ersten Mal gibt es die historische Entwicklung, dass die drei pa­triotischen Freiheitsfraktionen in der EU sich zu einer zusammenschließen könnten. Natürlich würde ich mich freuen, wenn sich Viktor Orbáns Fidesz führend bei uns einbringen würde“, sagte Strache im ÖSTERREICH-Interview.

Die ÖVP ist für die FPÖ der Hauptgegner bei EU-Wahl

AfD-Auftritt. Damit erlebt der Konfrontationskurs gegenüber Kanzler Kurz einen neuen Höhepunkt. Erst am Freitag hatte Kurz empfohlen, nicht mit Europas Rechtspopulisten zusammenzuarbeiten (und damit vor allem die deutsche AfD und Le Pens Rassemblement National gemeint). Am selben Tag trat FPÖ-Klubchef Johann Gudenus als viel umjubelter Wahlkampfhelfer der rechtsextremen AfD und deren Vorsitzender Alice Weidel in Deutschland auf.

Egal, was Kurz derzeit sagt, er wird von der FPÖ konterkariert. Der Kanzler will den EU-Vertrag neu verhandeln – die FPÖ ist dagegen. Sie fürchtet, dass das den Brüsseler Zentralismus weiter stärken könnte.

Platz 2. Die Stoßrichtung der FPÖ ist klar: Sie will mit ihrer Fraktion (mit Orbán als neuem Verbündeten) die zweitstärkste Kraft im EU-Parlament werden.

Als Hauptgegner im österreichischen EU-Wahlkampf hat sich die FPÖ Koalitionspartner ÖVP vorgeknöpft. Tatsächlich scheinen sich der Konfrontationskurs und der brutalere Stil auszuzahlen. Laut aktueller ÖSTERREICH-Umfrage kann die FPÖ als einzige Partei zu­legen; sie liegt mit 23 Prozent hinter ÖVP (29 %) und SPÖ (27 %). Durchaus denkbar, dass Vilimsky und Co. in den finalen drei Wochen noch weiter aufholen können. Würde die FPÖ die Europawahl am 26. Mai tatsächlich gewinnen, wäre das wohl auch das Ende der Koalition.

Interview: "Brauchen beide keinen Oberlehrer"

Das sagte Vizekanzler HC Strache am Sonntag im ÖSTERREICH-Interview:

Über Kanzler Kurz: „Er findet einiges bei uns nicht gut. Ich finde einiges in der ÖVP nicht gut. (…) Als Parteichef brauche ich aber niemanden, der mir sagt, wie ich zu denken oder zu handeln habe. Wir beide sind schon lange aus der Schule raus und brauchen daher keinen Oberlehrer, der uns öffentlich etwas ausrichtet.“

Über die EU-Wahl: „Wir könnten so viele Mandate in dieser Fraktion erreichen wie noch nie und zweitstärkste Europafraktion werden.“

So trifft Strache Orbán

Heute Morgen reist Vizekanzler und FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache zu seinem Freund, Ungarns Premierminister Viktor Orbán. Das Treffen ist für Mittag in den Amtsräumen des ungarischen Regierungschefs angesetzt, um 15 Uhr wird es eine gemeinsame Pressekonferenz geben. ÖSTERREICH-Insiderin Isabelle Daniel wird Strache begleiten und für oe24.TV von dem Treffen berichten. Einstiege sind ab 9 Uhr geplant.

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