Pausenlose Verhandlungen und schwankende Stimmungen bei Türkis-Grün.
Am Dienstagabend unterbrachen Sebastian Kurz und Werner Kogler kurz ihre Koalitionsverhandlungen, um im Hotel Park Hyatt auf 50 Jahre Fellner-Medien anzustoßen. Aber selbst bei der Feier zogen sich die beiden Herren (siehe rechts) für ein paar Minuten zurück, um weiterzureden, bevor sie dann im Winterpalais bis in die Nachtstunden weiterverhandelten. Gestern ging es dann weiter. Immerhin stecke der Teufel oft im Detail, berichten Türkise und Grüne.
In einigen Bereichen sind sich VP und Grüne bereits einig, bei anderen hakt es noch.
Bereits erledigt:
- Transparenz. Weitgehend handelseins sind Wolfgang Sobotka und Alma Zadić in Sachen Transparenz: Der Rechnungshof soll künftig Einsicht in Parteifinanzen erhalten. Zudem soll ein Informationsfreiheitsgesetz kommen.
- Soziales. Übereinstimmung dürfte es auch zwischen August Wöginger und Birgit Hebein bezüglich eines Anti-Kinderarmuts-Pakets geben. Die beiden Sozialverhandler müssen aber nach dem Verfassungsgerichtshofbescheid auch neue Regelungen für die Sozialhilfe finden. Hier ist man noch auseinander.
- Migrationspolitik. In der Migrationspolitik dürften die Grünen der ÖVP weitgehend entgegenkommen: „Integration vor Zuzug“ soll zwischen Karl Nehammer und Rudi Anschober außer Streit stehen.
Offene Streitpunkte:
- Integration. Nehammer und Anschober müssen nach dem Verfassungsgerichtshofbescheid neue Regeln für Deutschkenntnisse von Asylberechtigten finden. Die ÖVP beharrt hier auf strenge Regeln. Dieser Punkt ist noch strittig.
- CO2-Steuer. Ebenfalls eine Kampfzone sind noch die Verhandlungen zwischen Elisabeth Köstinger und Leonore Gewessler in Sachen Umwelt- und Klimaschutz. Die Grünen wollen Ökosteuern. Die ÖVP sträubt sich derzeit noch dagegen.
Türkis-Blau: Hofer bietet FPÖ der ÖVP an
Teile der FPÖ, vor allem FPÖ-Chef Norbert Hofer, hoffen, wieder in eine Regierung einziehen zu können. Trotz Parteikrise und Dauerturbulenzen mit Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache hat Hofer der ÖVP via oe24.TV-Interview erneut eine Koalition angeboten. Das hat er Kurz freilich – vor zwei Wochen stockten die türkis-grünen Verhandlungen – bereits unter vier Augen angeboten. In der ÖVP gibt es zwar kleinere Gruppen, die das durchaus reizvoll fänden. Die Mehrheit der ÖVP will dieses „Hochsicherheitsrisiko Koalition mit Blau“ nicht, so ein VP-Mann.
Minderheitskabinett: ÖVP sucht freie Mehrheiten
Teile der politischen Konkurrenz der ÖVP glauben, dass Sebastian Kurz im Falle des Scheiterns der türkis-grünen Verhandlungen gleich vorgezogene Nationalratswahlen anstreben würde, um seine Mehrheit auszubauen und danach mit den Neos regieren zu können.
In der ÖVP scheint man als Plan B derzeit aber eher „für den Notfall“ an einer Minderheitsregierung mit wechselnden Mehrheiten im Parlament zu basteln. Heißt: Migration mit der FPÖ, Soziales mit der SPÖ und Klima mit Grün und Neos beschließen. Ob das klappen könnte?
Isabelle Daniel