Koalition

VfGH-Präsident Holzinger für mehr direkte Demokratie

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Scheidender VfGH-Präsident Holzinger: "Mehr direkte Demokratie wagen"

Der scheidende Präsident des Verfassungsgerichtshofes (VfGH), Gerhart Holzinger, lässt anklingen, für einen Ausbau der direkten Demokratie zu sein. "Ich vertrete die Auffassung, dass man durchaus auch mehr direkte Demokratie wagen könnte", sagte Holzinger den "Salzburger Nachrichten" (Freitag). "Wenngleich ich gestehe, dass ich in dieser Hinsicht auch immer wieder großen Anlass zur Skepsis habe."

"Demokratie, also Volksherrschaft, setzt zum einen Verantwortungsbewusstsein derer voraus, die gewählt sind. Nämlich auch Verantwortung dafür, dass sie das, was sie vor der Wahl versprechen, nachher einhalten. Sie setzt aber auch ein hohes Maß an Verantwortungsbewusstsein der Wählerinnen und Wähler voraus. Alles, was dieses Verantwortungsbewusstsein stärken kann, sollte unternommen werden", erklärte Holzinger in dem Zeitungsinterview.

Intensivere Beziehung

Holzinger sprach sich auch dafür aus, die parlamentarische Demokratie auszubauen, indem die Persönlichkeitselemente der Wahl gestärkt werden. "Auf diese Weise könnte eine intensivere Beziehung zwischen dem Gewählten und seinen Wählern herbeigeführt werden."

Der Ausbau der direkten Demokratie ist derzeit Thema der Koalitionsverhandlungen zwischen ÖVP und FPÖ. Beide Parteien haben entsprechende Ideen in ihre Wahlprogramme aufgenommen. Die FPÖ will demnach, dass ein Volksbegehren, welches von vier Prozent der Wahlberechtigten unterzeichnet wird, zu einer Volksabstimmung führt. Die ÖVP legte die Latte etwas höher und will Volksabstimmungen erst ab zehn Prozent Unterstützung eines Volksbegehrens.

Dazu meinte der VfGH-Präsident, dass ein solches Instrument durch entsprechend hohe Quoren und einem Veto des Verfassungsgerichtshofs abgesichert werden müsste. "Für mich ist ein Modell denkbar, bei dem zehn Prozent der Wahlberechtigten das Volksbegehren unterzeichnen müssen, damit es zu einer Volksabstimmung kommt. Und an dieser müssten dann mindestens 50 Prozent der Wähler teilnehmen, um sie verbindlich zu machen."

Laut Holzinger sollte der Verfassungsgerichtshof vorweg prüfen können, ob eine Volksabstimmung zulässig ist oder nicht. "Es kann übrigens auch nicht Sinn der direkten Demokratie sein, dass - wie bisher oft geschehen - Volksbegehren von Parteien und großen Interessengruppen instrumentalisiert werden." Als Negativbeispiel einer Volksabstimmung nannte Holzinger das Brexit-Referendum über den EU-Ausstieg Großbritanniens.
 

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