Das neue Abwahlmodell sieht verschärfte Regelungen für Nationalratspräsidenten und -abgeordnete vor.
Die ÖVP unternimmt einen neuerlichen Anlauf bei der Abwahl hoher Amtsträger. Klubobmann Karlheinz Kopf und der Zweite Nationalratspräsident Fritz Neugebauer präsentierten am Montag bei einer Pressekonferenz ein Modell, das insbesondere Verschärfungen bei Nationalratspräsidenten und -abgeordneten vorsieht. Dass Neugebauers Präsidiumskollege Martin Graf (F) Anlassfall für den Vorstoß sein könnte, stritt Kopf ab.
Defacto ist der heutige Beschluß genau das: eine Lex Martin Graf. Eine Abwahlmöglichkeit für Nationalratspräsidenten wäre jetzt sofort möglich, sollte der Amtsträger wegen einer mit Vorsatz begangenen strafbaren Handlung zu einer Freiheitsstrafe rechtskräftig verurteilt worden sein. Das hieße im Fall Graf, Anklage wegen Verhetzung, Auslieferung durch das Parlament, rechtskräftige Verurteilung, Überstellung der Causa an den Verfassungsgerichtshof - dieser entscheidet über die Absetzung Grafs als Nationalratspräsident. Zweite Möglichkeit: Zwei Drittel der Nationalratsabgeordneten können Graf wegen Verletzung der Bundesverfassung beim Verfassungsgerichtshof anzeigen der über dessen Absetzung entscheidet.
Weitere Verschärfungen
Verschärfungen soll es laut ÖVP auch
für die Nationalratsabgeordneten geben - im Sinne der Regeln für den
öffentlichen Dienst. So solle sich auch hier der Nationalrat an den VfGH
wenden können, wenn eine rechtskräftige Verurteilung wegen einer vorsätzlich
strafbaren Handlung vorliegt. Ein Mandatsverlust würde dann in Kraft treten,
wenn die verhängte Freiheitsstrafe entweder ein Jahr oder eine unbedingte
Strafe sechs Monate übersteigt. Und auch dann, wenn die Verurteilung "auch
oder ausschließlich wegen des Vergehens des Missbrauchs eines
Autoritätsverhältnisses erfolgt ist".
Die Volksanwälte, die derzeit nicht abwählbar sind, sollen mit dem Präsidenten des Rechnungshofs gleichgestellt werden: Hier soll es laut ÖVP-Vorschlag eine Anklage vor dem VfGH auf Beschluss des Nationalrates geben bei einer "durch die Amtstätigkeit erfolgten schuldhaften Gesetzesverletzung".
Gesamtkonzept
"Wer sich was zuschulden kommen lässt, muss
mit einer Anklage rechnen", fasste Neugebauer die Verschärfungen im
ÖVP-Vorschlag zusammen. Allerdings gehe es dabei um die rechtliche
Verantwortung, die politische treffe immer noch der Wähler. "Wir
wollen keinen politischen Willkürakt in Form einer Abwahl", meinte
auch Kopf. Er sieht im Vorschlag ein "nach der Verantwortlichkeit
abgestuftes Gesamtkonzept".
Dass der Dritte Nationalratspräsident Graf - er hatte mit einer Verbalattacke auf den Präsidenten der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG), Ariel Muzicant, Ende Mai des vergangenen Jahres für Wirbel und Rücktrittsaufforderungen gesorgt - Grund für die neuesten ÖVP-Ideen zur Abwahl hoher Amtsträger sein könnte, bestritt Kopf zumindest teilweise. "Es gibt keinen Anlassfall aber doch das eine oder andere Signal."