Der Kanzler hat die rote Forderung ad acta gelegt. Etwas, das von der ÖVP begrüßt wurde. Ihr Motto: "Mehr Kinder, weniger Steuern".
Das Nein von Bundeskanzler Alfred Gusenbauer (S) zu einem weiteren Ausbau der Negativsteuer hat beim Koalitionspartner ÖVP Freude ausgelöst. Budgetsprecher Günther Stummvoll begrüßte am Freitag das Entgegenkommen der SPÖ bei diesem Thema. Zudem drängte Staatssekretärin Christine Marek (V) weiter auf die Absetzbarkeit der Kinderbetreuungskosten: "Alle, die Lohn- und Einkommenssteuern zahlen, sollen von der Absetzbarkeit der Kinderbetreuungskosten profitieren."
"Sozial gerechtfertigt"
"Die steuerliche
Absetzbarkeit von Kinderbetreuungskosten kommt genau denjenigen zugute, die
der klassische Mittelstand sind und nicht in den Genuss von Förderungen und
sozialen Staffelungen der Länder und Gemeinden kommen sowie keine Zuschüsse
für Betreuungseinrichtungen erhalten", so Marek. Bei der
Förderstruktur zeige sich, dass vor allem Niedrigverdiener von den
Ermäßigungen und Förderungen profitieren. "Das ist
sozial gerechtfertigt. Problematisch ist aber, dass die Netto-Zahler hier
keine Unterstützung bekommen und die vollen Kosten tragen, weil sie "zu
viel verdienen".
Die Staatssekretärin legte weiters ein klares Bekenntnis zur Steigerung der Frauenerwerbsquote ab. "Die Wirtschaft kann auf das Potenzial der Frauen nicht verzichten", so Marek. Angesichts des Fachkräftemangels sei es eine Notwendigkeit. Derzeit liegt die Frauenerwerbsquote bei 64,4 Prozent. "Das ist im europäischen Durchschnitt sehr gut, allerdings haben wir mit 41,2 Prozent eine hohe Teilzeitquote", so die Staatssekretärin weiter.
Kinderbetreuung ein wesentlicher Aspekt
"Gerade bei der
Frauenbeschäftigung ist in Hinblick auf die Vereinbarkeit von Familie und
Beruf die Kinderbetreuung ein wesentlicher Aspekt, ob die Frau arbeiten
gehen kann oder nicht", so Marek. "Nicht vorhandene oder zu teure
Kinderbetreuung sind ein Hemmschuh für viele Frauen, Vollzeit oder überhaupt
erwerbstätig zu sein." Sie verwies auf einen SORA-Bericht aus dem
Jahr 2005: Demzufolge würden 155.000 teilzeitbeschäftigte Frauen gerne
länger oder Vollzeit arbeiten, wenn eine entsprechende Kinderbetreuung
verfügbar wäre. "Mehr Kinder heißt weniger Steuern“, brachte
ÖVP-Finanzsprecher Dr. Günter Stummvoll den Schwerpunkt der ÖVP auf den
Punkt.
In Richtung SPÖ meinte Marek: "Sozial gerecht heißt nicht Gießkanne", wie es etwa die Forderung nach der allgemeinen Erhöhung der Familienbeihilfe sei. Wichtig ist ihr, dass die steuerliche Absetzbarkeit ebenso Alleinerziehenden zugutekommt. Vollerwerbstätigkeit könne durchaus eine "Überlebensfrage" sein. Es gehe nicht darum, jene zu bestrafen, die nicht erwerbstätig sind oder ihr Kind selbst betreuen - "sondern es geht darum, einen volkswirtschaftlich richtigen und wichtigen Anreiz zu bieten, der gerade Frauen ermöglicht, erwerbstätig zu sein", so Marek.
Kritik des ÖGB
Die Absage von Bundeskanzler Alfred
Gusenbauer an einen Ausbau der Negativsteuer kommt beim Gewerkschaftsbund
nicht gut an. Dessen Leitender Sekretär, Bernhard Achitz, machte am Freitag
klar, dass man weiter auf diese Forderung beharre. Vor allem Arbeitslose,
Beamte, Lehrlinge und Pensionisten würden dadurch entlastet. Achitz verwies
auf das gemeinsame Konzept von ÖGB und der Arbeiterlammer (AK) zur
Steuerreform.
Bringt Arbeitnehmern mehr
Zuvor hatte sich Bundeskanzler Alfred
Gusenbauer von der SPÖ-Forderung nach einem Ausbau der Negativsteuer für
die, die wegen ihres geringen Einkommens keine Steuern zahlen,
verabschiedet. Die in der Koalition vereinbarte Abschaffung des
Arbeitslosenbeitrags "bringt den Arbeitnehmern im unteren
Einkommensbereich mit 300 Millionen Euro wesentlich mehr als eine Ausweitung
der Negativsteuer. Das heißt: 2,7 Milliarden Euro stehen nun in der
Steuerreform für den Mittelstand und die Familien zur Verfügung",
sagte Gusenbauer in den "Salzburger Nachrichten" vom Freitag.
Mittelstand an der Reihe
Nach der 300 Mio. Euro Entlastung für
Arbeitseinkommen bis 1.350 Euro brutto gehe es "in einem zweiten
Schritt darum, den breiten Mittelstand zu entlasten. Dazu gehören Menschen
mit einem Einkommen von 1.350 bis 4.000 Euro brutto. Das sind diejenigen,
die von der steilen Steuerprogression betroffen sind und oft vergessen werden",
so der SPÖ-Chef.
Familien am Zug
Konsens mit der ÖVP gibt es auch darüber, dass
die Familien entlastet werden müssen, egal ob es sich um die so genannte
klassische Familie oder um Alleinerziehende handelt", so Gusenbauer.
Gusi schont Länder bei Gesundheitsreform
Bei der
Gesundheitsreform sieht der Kanzler das größte Einsparungspotenzial im
Medikamentenbereich. Der Spitalsbereich "wird der zweite Schritt der
Reform sein". Im Frühjahr könne nur der Teil der Gesundheitsreform über
die Bühne gehen, der den Bundesgesetzgeber betrifft. "Der
Spitalsbereich ist im geltenden Finanzausgleich geregelt und kann nur im
Konsens zwischen Bund und Ländern geändert werden." Der
geltende Finanzausgleich bleibe jedenfalls "unangetastet", so
Gusenbauer.