ÖSTERREICH-Chef Wolfgang Fellner grillt NEOS-Chef- Matthias Strolz.
Keine Koalition mit der FPÖ, kein Steigbügelhalter von Schwarz-Rot: Im Interview mit ÖSTERREICH-Chef Wolfgang Fellner sprach NEOS-Spitzenkandidat Matthias Strolz Klartext. Die Affäre Silberstein – er arbeitete einst auch für die NEOS – hält der Pinke für einen „Tiefpunkt im Wahlkampf“, der ordentlich aufgeklärt werden muss, möglicherweise auch mit einem Untersuchungsausschuss.
Schwarz-Grün-NEOS oder »Stachel der Opposition«
Koalition. Strolz’ Wünsche für die Wahl: Die Grünen in Prozentzahlen überholen. Und mit ÖVP und Grünen zusammen eine sogenannte „Dirndlkoalition“ bilden: „Das wäre sicher die progressivste, innovativste Variante für Österreich.“ Klappt das nicht, will er weiter „der Stachel in der Opposition“ sein.
Strolz: "Kurz ist der Schwiegersohn der Nation - das ist aber zu wenig"
oe24.tv: Wie haben Sie Tal Silberstein erlebt, und wie sehen Sie die Affäre?
Matthias Strolz: Das ist ein Tiefpunkt. Einmalig, dass eine Regierungspartei im großen Stil Geld in die Hand nimmt, um mit verdeckten Facebook-Seiten rassistische, antisemitische Inhalte zu spielen, um Gegner anzuschwärzen. Die SPÖ-Führung soll sich entschuldigen.
oe24.tv: Wäre es bei Ihnen denkbar, dass ein Beraterteam am Rande arbeitet, und Sie kriegen das nicht mit?
Strolz: Nein, das ist völlig unmöglich. Ich könnte mich natürlich bewusst dumm stellen.
oe24.tv: Heinz-Christian Strache hat den Rücktritt des Kanzlers gefordert. Sie sind ein bisschen weicher, oder?
Strolz: Seien wir uns ehrlich: Dead Man Walking. Das wissen wir alle, dass nach dem 16. Oktober eine neue SPÖ-Führung herkommt, dass es zu einem wilden Grabenkampf, einem Richtungsstreit kommen wird, wie auch bei den Grünen.
oe24.tv: Was wird mit der SPÖ passieren?
Strolz: Häupl muss seine Nachfolge regeln. Einige Jahre zu spät, behaupte ich. Da wird es eine Phase geben, jeder gegen jeden.
oe24.tv: Was wird mit den Grünen passieren?
Strolz: Die müssen klären, wie sie weitertun. Die haben im Moment eine Dreierspitze. Die Parteichefin sitzt in Tirol, kam nicht einmal zum Wahlkampfauftakt. Die Spitzenkandidatin übersiedelt jetzt von Brüssel nach Wien. Dann gibt es noch den Klubobmann.
oe24.tv: Fordern Sie einen Untersuchungsausschuss in der Silberstein-Sache, wie Pilz ihn haben will?
Strolz: Ich halte das für sinnvoll. Wenn sich die Verdachtsmomente erhärten, dass im großen Stil Kabinettsmitarbeiter vom Kanzler involviert waren, muss man das untersuchen.
oe24.tv: Der Name Silberstein muss Ihnen bekannt vorkommen. Strache meint, er wurde von der SPÖ bezahlt, hat für die NEOS gearbeitet, damit er dort Dirty Campaigning gegen die FPÖ macht.
Strolz: Die Wiener Landesführung hat das mehrfach offengelegt: Es gab einen Beratervertrag, der hat ein Erfolgshonorar ab sieben Prozent vorgesehen. Ich glaube, dass das ein Zockertyp ist.
oe24.tv: Der Verdacht, dass Häupl den gezahlt haben könnte, kommt Ihnen nicht?
Strolz: Das ist absurd. Herrn Häupl richte ich aus, dass er einer der Fürsten der Finsternis ist, die Förderungen im Dunkeln vergeben. Wenn er anderer Meinung ist, soll er mich klagen. Bis jetzt hat keiner geklagt.
oe24.tv: Und Sie sind so blöd, dass Sie glauben, dass Silberstein umsonst arbeitet?
Strolz: Er ging offensichtlich davon aus, dass ein Ergebnis weit jenseits der sieben Prozent möglich ist.
oe24.tv: Wie hoch ist Ihr Wahlbudget?
Strolz: Rund zwei Millionen. Das von Kurz ist wahrscheinlich jenseits der 15 Millionen.
oe24.tv: Und warum gibt Ihnen Haselsteiner das Geld? Sind Sie so naiv, zu glauben, dass er dafür nichts will?
Strolz: Ich freue mich, dass er uns unterstützt, weil ich ihn als großartigen Unternehmer schätze. Glauben Sie, ich würde mich von jemandem kaufen lassen? Ich hätte eine Karriere wie Kurz machen können, 15 Jahre hochdienen in der Partei. Aber ich werde nie abhängig sein von der Politik.
oe24.tv: Sind Sie für jede Koalition offen?
Strolz: Für jede Zusammenarbeit im Parlament. Können wir in der Bildung was hebeln, die Steuerabgabenquote senken, schaffen wir eine Pensionsreform, gerne. Ein zentrales Thema ist Europa. Da haben wir eine große Meinungsverschiedenheit mit der FPÖ. Deshalb: Kooperation ja, Koalition nein.
oe24.tv: Das ist definitiv?
Strolz: Definitiv. Wir würden jeden Tag streiten. Das ist so unnötig wie ein dritter Ellbogen.
oe24.tv: Dann ist das Wahrscheinlichste, was Ihnen angeboten wird, dass Sie in eine schwarz-rote Koalition als deren modernes Feigenblättchen eintreten.
Strolz: Auch das schließe ich aus. Wir sind eine Bürgerbewegung, die der Erneuerung verpflichtet ist, keine Herz-Lungen-Maschine für das alte, halbkorrupte System.
oe24.tv: Dann kommt eigentlich nur Schwarz-Grün-Neos infrage.
Strolz: Die „Dirndlkoalition“ würde mir gefallen. Ich glaube, das wäre die progressivste, innovativste, kraftvollste Variante. Nur die Reihenfolgen müssen wir ändern. Ich finde es wichtig, dass wir vor den Grünen sind.
oe24.tv: Welche Ministerien wollen Sie?
Strolz: Bildung und Wirtschaft kann niemand so gut wie die NEOS.
oe24.tv: Das Justizministerium wahrscheinlich?
Strolz: Irmgard Griss, ein Leuchtturm an Unabhängigkeit. Sie würde die Politik aus der Justiz verjagen.
oe24.tv: Mit Kurz können Sie. Ich war überrascht, dass er nicht zu Ihrem TV-Duell erschienen ist?
Strolz: Der hat den Schweif eingezogen, weil er gesehen hat, dass wir den Finger in die eine oder andere Wunde legen. Er ist ja inhaltlich im Blindflug unterwegs teilweise. Man weiß nicht, was man kriegt mit Kurz, außer einen adretten Schwiegersohn der Nation. Das hatten wir mit Grasser auch: adrett, aalglatt und slimfit. Das ist zu wenig an Qualifikation.
oe24.tv: Sind Sie auch für Nullzuwanderung, wie er?
Strolz: Ich bin überall für null, was illegal ist. Auch bei Bankraub, Mord und Totschlag.
oe24.tv: Außer bei Cannabis. Mit den NEOS kriegen wir freies Haschisch.
Strolz: Nicht frei, wir würden es über Apotheken kontrolliert abgeben.
oe24.tv: Aber keine freien Grenzen, weil die wollen Sie schützen?
Strolz: Ich will 30.000 Männer und Frauen an den EU-Außengrenzen, die Bekämpfung der Fluchtursachen, Stopp von Waffenlieferungen, Registrierzentren in Nordafrika. Mir ist wichtig, dass wir Asyl von Migration trennen. Da kann nicht jeder kommen, wie er will. Deshalb will ich die Perspektiven vor Ort ändern.
oe24.tv: Thema Nummer 2: Steuererleichterungen. Da haben Sie das ambitionierteste Konzept.
Strolz: Fünf Milliarden. Das durchschnittliche Einkommen wird zwischen 600 und 1.200 Euro mehr haben. Bei den Pensionen sagen wir Schwedisches Modell: Wenn Sie mit 65 Jahren gehen, bekommen Sie 100 Prozent, wenn Sie früher gehen, weniger, wenn später, mehr.
oe24.tv: Sie sind ja Macron-Fan. Würden Sie ihn treffen, würden Sie ihn abschmusen.
Strolz: Das Schmusen würde ich mir überlegen, aber treffen jedenfalls. Wir müssen die proeuropäischen Kräfte bündeln. Wer Europa liebt, muss die EU hart kritisieren – wie ein Fahrrad: Die musst du treten, sonst fällt sie um.