Politik-Insider:

Wann die Koalition platzen könnte

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Tritt Anschober nächste Woche zurück oder wackelt wieder einmal die Koalition.

Hinter den Kulissen der Koalition spielt sich derzeit – schon wieder – eine Machtprobe ab: Die ÖVP will den Rücktritt von Gesundheitsminister Rudi Anschober erzwingen. Weil man freilich – aus Koalitions-Disziplin – nicht direkt auf ihn schießen will, fordern türkise Abgeordnete vorerst die Abberufung seiner zwei wichtigsten Beamten. Und – Überraschung: Die Grünen widersprechen nicht.

Rudi Anschober nervt seine Regierungs-Kollegen schon seit Monaten. Er hat sein Ministerium definitiv nicht im Griff. Er ist in seinen Entscheidungen langsam, schwafelt endlos, fährt Polit-Zickzack.
Kanzler Kurz lebt mit Anschober hinter den Kulissen schon in offener Konfrontation – bei praktisch jeder Entscheidung sind die beiden gegensätzlicher Meinung. Zunehmend hat es sich „der Rudi“ jetzt aber auch mit ­seinem eigenen Vizekanzler Werner Kogler verscherzt, der die Fehler seines besten Freundes nicht mehr ständig aus­bügeln will.

Der Streit um Anschober ist in den letzten Tagen eskaliert, seit Kanzler Kurz aufgedeckt hat, dass Anschobers wichtigste Beamte einen EU-Vertrag zu Impfstoff-Lieferungen unterschrieben haben, bei dem Österreich – auch weil Anschobers Ministerium nicht aktiv war – krass benachteiligt wird.

Just in diesen kritischen Tagen war Anschober – wieder einmal – untergetaucht. Angeblich lag er mehrere Tage nach einem Kreislauf-Versagen wegen einer übergangenen Grippe im Spital. Jedenfalls war er sowohl für den Kanzler als auch für seinen eigenen Vize und Freund Kogler unerreichbar.

Anschobers Handy war abgedreht, er rief weder Kogler noch Kurz zurück. Die beiden tappten bei Anschobers EU-Vertrag tagelang im Dunkeln. Ein regierungsinterner Skandal.
Kurz soll Kogler bereits unmissverständlich bedeutet haben: So kann es nicht mehr weitergehen. Und Kogler soll – und das ist spannend – nicht mehr laut widersprochen haben. Kogler selbst ist von seinem Rudi maßlos enttäuscht – hat aber vorerst keine Alternative. Die Grünen überlegen, eventuell Umwelt-Ministerin Gewessler ins Gesundheitsministerium zu „transferieren“ – doch die will nicht. Klubchefin Sigi Maurer wäre eine „eiserne Reserve“ – hat aber von der Materie wenig Ahnung. Kurz rät Kogler zu einem parteiunabhängigen Experten – im Stil von Arbeitsminister Kocher.

Die Frage ist freilich, ob Rudi Anschober freiwillig abtreten will. Seine Freunde und – angeblich – auch seine Ärzte raten ihm zum Rückzug. Anschober hat vor Jahren ein „Burn-out“ fast heldenhaft besiegt, ist deshalb aber nicht besonders stressresistent. Dass er seinen „Höllen-Job“ so engagiert und mit so wenig Ausfällen absolviert, grenzt ohnehin an ein Wunder.

Wenn Anschober freilich nicht zurücktritt, könnte er die gesamte Koalition (wieder einmal) ins Wackeln bringen. Immer mehr ÖVPler wünschen sich von Kurz ohnehin einen „fliegenden Wechsel“ zur SPÖ. Da wären dann sowohl das Gesundheits-Ressort mit Pamela Rendi-Wagner als auch ein neues Sozial-Ministerium mit Wolfgang Katzian und möglicherweise auch gleich das Finanzministerium mit Peter Hanke ziemlich stark besetzt …

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