Kasachstan hat seine Nichteinmischung in den Konflikt zwischen Russland und der Ukraine unterstrichen.
"Es ist schmerzhaft für uns. Beide Nachbarn stehen uns nahe", erklärte der zu einem Kurzbesuch in Wien weilende kasachische Vizeaußenminister Roman Vassilenko am Montag in einem Pressegespräch. Kasachstans Präsident Kassym-Schomat Tokajew habe Moskau und Kiew seine Vermittlerdienste angeboten und zur Beendigung der Kämpfe aufgerufen.
Vassilenko verwies auf die multiethnische Zusammensetzung der kasachischen Bevölkerung und die lange gemeinsame Geschichte in der Sowjetunion, mit "Repression und Hungersnöten". Etwa 350.000 Kasachen seien ukrainischer Abstammung, ein großer Anteil der Bevölkerung des größten Binnenlandes der Welt habe russische Wurzeln, beide Staaten verbinde eine tausende Kilometer lange Grenze.
Kasachstan ohne klare Distanzierung von Russland
Bei der jüngsten Abstimmung in der UNO-Generalversammlung zum Krieg, den der russische Präsident Wladimir Putin gegen die Ukraine führt, enthielt sich – neben China, Indien und weiteren Staaten – auch Kasachstan der Stimme. Vassilenko begründete dies mit den Worten: "Wir wollen einen Kanal für beide Seiten offen halten." Die ukrainische Regierung habe Verständnis für diese Haltung gezeigt. "Kiew versteht, dass wir unsere Unabhängigkeit schützen müssen." Vassilenkos Diktion: Russland führe "eine militärische Operation", nicht "Krieg".
Den außenpolitischen Kurs, den Präsident Tokayew verfolge, definierte der Vizeaußenminister als "multi-vektoral". Kasachstan sei weder pro-russisch noch pro-ukrainisch. Vassilenko fügte hinzu, sein Land "spürt schon die Sanktionen, die gegen Russland verhängt wurden". Die kasachische Währung habe 15 Prozent ihres Wertes eingebüßt und man stelle sich auf weitere Verluste ein.
Auf eine APA-Frage, ob sich Russland nicht eine Art Gegenleistung von Kasachstan erwartet habe, nachdem russische Militärkräfte dem Nachbarland im Jänner bei der Niederschlagung der gewaltsamen Proteste geholfen hätten, betonte der Vizeminister, dies sei nicht der Fall gewesen. Diese Aufstände unter Beteiligung "bewaffneter Terroristen", "krimineller Gruppen" und "religiöser Extremisten" entsprachen einem "versuchten Staatsstreich". Präsident Tokajew habe detaillierte gerichtliche Untersuchungen eingeleitet, die Justiz behandle rund 400 Klagen. Mitte März werde ein offizieller Bericht präsentiert.
Zu den Avancen anderer früherer Sowjet-Republiken in Richtung EU und NATO sagte Vassilenko, dies sei "das souveräne Recht jedes einzelnen Staates". Jedenfalls lehne die Führung in Astana (Nursultan) einen Einsatz von Atomwaffen klar ab. Der Botschafter Kasachstans in Österreich und bei den internationalen Organisationen in Wien, Kairat Umarow, meinte zur Neutralität, Österreich könne in der EU dadurch als "wichtiger Player" agieren. Moskau hatte den Bundeskanzler zuletzt wegen Aussagen zur Neutralität heftig attackiert.
Ausdrücklich würdigte Vassilenko, der von 2019 bis vor kurzem sein Land als Botschafter in der Slowakei vertrat und davor wichtige multilaterale Agenden im Außenministerium verantwortete, die bilateralen Beziehungen zwischen Österreich und Kasachstan. Insbesondere hob er den Wirtschaftssektor hervor: 350 österreichische Firmen seien in Kasachstan aktiv, mit einem Investitionsvolumen von 5 Mrd. Euro.