Weltpolitik

Orban triumphiert erneut bei Ungarn-Wahl

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Ungarns Premier Viktor Orban wird auch in den kommenden vier Jahren fest im Sattel sitzen.

Der ungarische Premier Viktor Orbán wird auch in den kommenden vier Jahren fest im Sattel sitzen. Seine rechtsnationale Regierungspartei Fidesz hat bei der Parlamentswahl ihre Zwei-Drittel-Mehrheit überraschend verteidigen können. Die erstmals vereint angetretene Opposition erlitt eine schwere Niederlage. Glückwünsche erhielt Orbán von Kremlchef Wladimir Putin, einzelnen Premiers und Rechtspopulisten, doch überwog in vielen EU-Staaten die Enttäuschung.

So verband selbst der tschechische Premier Petr Fiala seine Gratulation mit mahnenden Worten. Ungarn solle sich nach den Wahlen "aktiver bei der Lösung der russischen Aggression in der Ukraine engagieren", betonte Fiala mit Blick auf die umstrittene russlandfreundliche Haltung Orbáns. Dagegen zeigte sich Putin "zuversichtlich, dass die Entwicklung der bilateralen und partnerschaftlichen Beziehungen trotz der schwierigen internationalen Lage den Interessen der Völker Russlands und Ungarns entsprechen wird".

Neben Fiala und Putin gratulierte auch der slowenische Ministerpräsident Janez Jansa seinem engen politischen Weggefährten Orbán. "Es ist gut, Freunde als Nachbarn zu haben", twitterte Jansa. Während es von der EU-Spitze und den meisten EU-Premiers keine Reaktion gab, feierten europäische Rechtspopulisten Orbáns den Sieg als Ohrfeige für das auch bei ihnen verhasste Brüsseler Establishment. "Bravo Viktor!", schrieb der italienische Lega-Chef Matteo Salvini auf Facebook. "Allein gegen alle, angegriffen von finsteren Fanatikern des Einheitsdenkens" habe Orbán gewonnen. Der Sieg zeige, "dass konsequente Arbeit für die Interessen der eigenen Bevölkerung honoriert wird und nicht die Andienerei an die Brüsseler EU-Nomenklatura", meinte auch FPÖ-Chef Herbert Kickl.

In Österreich zeigten sich Vertreter von SPÖ, Grünen und NEOS "enttäuscht, aber nicht überrascht", wie es SPÖ-Europaabgeordnete Bettina Vollath formulierte. "Fair bei Wahlen ist etwas anderes", monierte die Grüne Nationalratsabgeordnete Ewa Ernst-Dziedzic, die Teil einer internationalen Wahlbeobachtungsmission in Ungarn war. Ihr EU-Kollege Thomas Waitz sprach sogar von einer "demokratiepolitischen Farce" und "Wahlbetrug". NEOS-EU-Mandatarin Claudia Gamon forderte als Konsequenz ein Ende des "Beschwichtigen" seitens der EU. Die frühere Fidesz-Schwesterpartei ÖVP äußerte sich zunächst nicht.

Der Ukraine-Krieg dürfte für viele Ungarn eine wichtige Rolle bei der Wahlentscheidung gespielt haben. Orbán versuchte seine umstrittene neutralistische Politik in dem Konflikt als Friedenskurs darzustellen. Der ihn herausfordernden Opposition unterstellte der Premier, Ungarn in einen Krieg mit Russland hineinziehen zu wollen.

Fidesz kam nach Auszählung von 99 Prozent der Stimmen auf 53,3 Prozent der Stimmen und 135 Plätze im 199-köpfigen Parlament. Damit erhielt die Partei zum vierten Mal in Folge eine Zwei-Drittel-Mehrheit. Die oppositionelle Sechs-Parteien-Allianz bekam demnach 34,9 Prozent und 56 Sitze. Selbst Spitzenkandidat Péter Márki-Zay schaffte in seinem eigenen Wahlkreis kein Mandat. Der Liberalkonservative führt seit 2018 seine Heimatstadt Hódmezövásárhely als Bürgermeister.

Die Überraschung des Wahlabends war die rechtsextremistische Partei "Mi Hazánk" (Unsere Heimat), die mit 6,2 Prozent der Stimmen sieben Mandate erreichte. Ein weiterer Parlamentssitz kommt nach Angaben der Wahlbehörde einem Vertreter der deutschsprachigen Minderheit zu. Dieser hatte in den vergangenen Jahren durchwegs mit Fidesz gestimmt.

"Es ist ein riesiger Sieg, so riesig, dass man ihn sogar vom Mond sehen kann, aber aus Brüssel auf jeden Fall", sagte Orbán in seiner Siegesrede in Budapest vor Fidesz-Anhängern. "Wir haben die Unabhängigkeit und Freiheit Ungarns, seinen Frieden und seine Sicherheit beschützt", betonte der seit 2010 ununterbrochen regierende Ministerpräsident, der schon zwischen 1998 und 2002 an der Regierungsspitze gestanden war.

Die Opposition, die erstmals geschlossen gegen Orbán angetreten war, zeigte sich schwer enttäuscht. "Wir erkennen Fidesz' Sieg an", stellte Márki-Zay. "Wir wussten im Vorhinein, dass das ein sehr ungleicher Kampf sein würde", so der Oppositionsführer. "Wir bestreiten allerdings, dass diese Wahl demokratisch und frei gewesen wäre. Fidesz hat nur aufgrund dieses (Wahl-)Systems gesiegt", beklagte er. Eigenen Angaben zufolge will sich Márki-Zay künftig wieder auf seine Tätigkeit als Bürgermeister konzentrieren.

Einen Dämpfer für Orbán setzte es beim zeitgleich abgehaltenen Referendum über das umstrittene LGBTIQ-feindliche "Anti-Pädophilie-Gesetz". Der Regierungschef wollte die von den EU-Partnern als inakzeptabler Grundrechtseingriff kritisierte Norm gegen die Darstellung von Homosexualität und Transgeschlechtlichkeit in Bildungseinrichtungen und jugendfreien Medieninhalten plebiszitär absichern lassen. Damit das Referendum nicht am Erfordernis einer mindestens 50-prozentigen Beteiligung scheitert, hatte er es eigens mit der Parlamentswahl zusammenlegen lassen. Doch obwohl sich knapp 70 Prozent an der Wahl beteiligten, wurde das Quorum verfehlt. Gut 20 Prozent der an der Wahl teilnehmenden Stimmberechtigten folgten nämlich dem Aufruf von Opposition und Zivilgesellschaft und gaben ungültige Stimmzettel ab. Somit lag die Beteiligung am Referendum nur bei 44 Prozent.

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