Wie Wien:

Auch Länder wollen türkischen Doppelstaatsbürgern Pässe zurückgeben

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FPÖ-Namensliste laut Höchstgericht kein taugliches Beweismittel - Neue Prüfung bei Aberkennungen.

Nach einem Erkenntnis des Verfassungsgerichtshofs (VfGH) zu österreichisch-türkischen Staatsbürgerschaften prüfen die Bundesländer ähnlich gelagerte Fälle. Das Höchstgericht hatte unter anderem festgehalten, dass die FPÖ-Namensliste kein taugliches Beweismittel für die Wiedererlangung der türkischen Staatsbürgerschaft sei. In ähnlichen Fällen dürften die Betroffenen ihre Pässe zurückbekommen.

Der VfGH hielt Mitte Dezember des Vorjahres festgehalten, dass der Datensatz, der von der FPÖ an die Behörden weitergeleitet wurde, nicht authentisch sei. Er könne daher kein taugliches Beweismittel darstellen. In Wien wurden daraufhin Ausbürgerungen rückgängig gemacht. Noch vor Weihnachten hieß es, dass 18 Personen, die ihre österreichische Staatsbürgerschaft verloren haben, ihren Pass zurückbekommen. 16 weitere rechtskräftige Ausbürgerungen blieben aufrecht, da hier andere Beweise zu dem Schluss geführt haben, dass die türkische Staatsbürgerschaft nachträglich und verbotenerweise wieder angenommen wurde.
 

Bundesländer folgen Wiener Beispiel 

Der "Standard" berichtete am Freitag nach einem Treffen der Bundesländer-Referenten, dass diese wohl den selben Weg wie Wien einschlagen werden. Betroffenen, denen die Staatsbürgerschaft aufgrund der FPÖ-Liste entzogen wurde, würden sie somit zurückbekommen.
 
In Tirol wurde aufgrund der angeblichen türkischen "Wählerevidenzlisten" ein Musterverfahren eingeleitet, das nach wie vor beim Landesverwaltungsgericht anhängig ist. Nach dem VfGH-Erkenntnis werden nun jedoch keine weiteren Feststellungsverfahren eingeleitet - so der Verdacht lediglich auf diesem Wählerverzeichnis beruht. Die Betroffenen werden darüber auch informiert. Da die höchstgerichtliche Rechtsprechung alle Bundesländer betrifft, gebe es derzeit eine österreichweite Abstimmung der weiteren Vorgangsweise, bestätigte das Land auf APA-Anfrage.
 
In Salzburg gibt es bisher für 19 Menschen rechtskräftige Bescheide zur Aberkennung der Staatsbürgerschaft, die aufgrund der Liste erfolgt sind, sagte Michael Bergmüller, Leiter des Referates Wahlen und Staatsbürgerschaft, zur APA. Alle Fälle würden nun neuerlich überprüft, was sicher einige Zeit in Anspruch nehmen werde. Bergmüller geht davon aus, dass zumindest ein Teil davon die Staatsbürgerschaft wieder erhalten werde.
 
In Vorarlberg ist im Zuge der Doppelstaatsbürgerschaft-Überprüfung durch die Behörden in neun Fällen die österreichische Staatsbürgerschaft rechtskräftig aberkannt worden. Dabei ist es bisher auch nach dem Urteil des Verfassungsgerichtshofs geblieben. Man werde diese Fälle noch einmal danach beurteilen, auf welcher Grundlage die Entscheidungen getroffen worden seien, erklärte Gernot Längle, Leiter der Abteilung Inneres und Sicherheit. Es sei jedoch nicht immer die FPÖ-Namensliste ausschlaggebend gewesen, manches Mal seien etwa auch Staatsbürgerschaftsurkunden aus der Türkei vorgelegen. Über zehn weitere Fälle seien beim Landesverwaltungsgericht anhängig, diesbezüglich müsse erst der Ausgang der Verfahren abgewartet werden.
 
In Oberösterreich sind insgesamt 15 Aberkennungen der österreichischen Staatsbürgerschaft rechtskräftig abgeschlossen. Diese seien allerdings auch keine "Listenfälle", somit würden die entsprechenden Bescheide auch nicht zurückgezogen, hieß es aus dem Büro des zuständigen Landesrates Elmar Podgorschek (FPÖ) auf APA-Anfrage. Bei 4.000 an die Behörde übermittelten Verdachtsfällen wurden 70 Verfahren exemplarisch eingeleitet. 39 Fälle wurden ohne Beschwerde gegen die Bescheide oder auch ohne Bescheide erledigt, weil es keinen Hinweis auf den Wiedererwerb der türkischen Staatsbürgerschaft gab oder die Doppelstaatsbürgerschaft berechtigt war. In elf Verfahren gibt es für die Parteien noch die Möglichkeit zur Stellungnahme, insgesamt fünf sind noch beim Landesverwaltungsgericht (LVwG) oder vor dem Verwaltungsgerichtshof (VwGH) anhängig.
 
In Kärnten hat es keine rechtskräftigen Aberkennungen von österreichischen Staatsbürgerschaften bei türkischen Einwanderern gegeben. Wie ein Sprecher von Landeshauptmann Peter Kaiser (SPÖ) auf APA-Anfrage mitteilte, gab es zunächst noch rund 70 offene Fälle. Sie werden aufgrund des Erkenntnisses des Verfassungsgerichtshofs eingestellt.
 
In der Steiermark werden drei Fälle rechtskräftiger Aberkennung neu geprüft. Dies teilte die Leiterin der Fachabteilung Verfassungsdienst des Landes, Waltraud Bauer-Dorner, am Freitagnachmittag der APA auf Anfrage mit. Man habe die Sitzung der Fachreferenten am Donnerstag abgewartet.
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