Schicker sieht hinter der Kritik eine "politische Aktion" und weist eine U2-Anbindung an den Hauptbahnhof zurück.
Die Kritik des Rechnungshofes (RH) an der Verkehrsanbindung des neuen Wiener Hauptbahnhofes hat Verkehrsstadtrat Rudolf Schicker (S) am Donnerstag verärgert zurückgewiesen: "Wir haben wenig Verständnis dafür, dass sich ein Kontrollorgan zu einem Planungsorgan entwickelt. Hier maßt sich der Rechnungshof etwas an, das nicht in seiner personellen Ausstattung Niederschlag findet." Man könne dies nur als politische Aussagen deuten.
Theorie vs. Praxis
Auch die faktische Kritik des RH entbehre in
den meisten Fällen der Grundlage. Die Prognose, dass die Kapazität der U1
nicht ausreiche, werde nicht eintreffen: "Wir haben solche Unkenrufe auch
bei der U6 gehört." Diese bewähre sich aber in Zeiten des
Hauptbahnhof-Provisoriums am Standort Meidling: "Die rein rechnerische
Überlegung ist immer anders zu sehen als die Praxis." Derjenige, der glaube,
dass Kapazität bedeute, dass immer alle einen Sitzplatz in der U-Bahn
hätten, der müsse ins Taxi umsteigen. Auch ziehe der RH weder die
S-Bahn-Anbindung, noch den D-Wagen in seine Überlegungen mit ein.
Kostenrahmen
Die Zweifel des RH, ob die geplante U2-Trasse
unterhalb des Diplomatenviertels technisch überhaupt machbar sei und falls
ja, ob der Kostenrahmen von 669 Mio. Euro halte, hält Schicker ebenfalls für
unbegründet. Der Trassenführung seien lange Verhandlungen mit dem
Co-Finanzier Bund vorausgegangen: "Die Republik Österreich wird sich wohl
auch überlegt haben, wie das künftige Wiener U-Bahn-Netz gestaltet werden
soll." Die Generalplanung zur U2-Trasse sei noch nicht abgeschlossen, aber
jetzt sei schon klar: "Technisch ist die Trassenführung machbar, inwieweit
der Betrag hält, kann ich jetzt noch nicht sagen."
Die Conclusio ist für Schicker eindeutig: Man schaue sich alle Punkte des RH an, "aber eine Führung der U1 noch näher zum Hauptbahnhof ist technisch nicht herstellbar, und eine U2-Orientierung am Hauptbahnhof ist aus planerischen und technischen Gesichtspunkten nicht sinnvoll - daher wird das auch nicht kommen."
Die ewig Frage nach der U5
Die Anregung des RH, die noch nicht
existente Linie U5 zu bauen, nahm der Verkehrsstadtrat ebenfalls befremdet
zur Kenntnis: "Hier ist das, was der Rechnungshof tut, in der Nähe der
Fahrlässigkeit." In dieser Frage seien überhaupt noch keine Details wie
Besitzverhältnisse oder Geologie geklärt.
Wenig Verständnis zeigte Schicker auch für die Bemängelung des 350 Meter langen Weges zwischen Hauptbahnhof und der nächsten U1-Station am Südtiroler Platz: "Plan lesen, Unterlagen anschauen, vielleicht selbst die Distanz abgehen, dann kommt man drauf: Die U-Bahn fährt natürlich dorthin." 350 Meter seien im internationalen Schnitt sehr gut. Beim alten Südbahnhof habe man zehn Minuten von Bahnsteig zu Bahnsteig benötigt, in Zukunft sechseinhalb.
Standseilbahn
Und überhaupt eigen sei die Kritik des RH an der
geplanten Standseilbahn, der er zu hohe Kosten und einen zu geringen
Deckungsgrad beschieden hatte. "Ich kann überhaupt nicht verstehen, wieso
ein Rechnungshof in einer so frühen Phase derart geharnischte Kritik
auffährt." Man prüfe derzeit sorgsam und intensiv.