Es gibt wieder Zündstoff, der den Streit zwischen Tirol und Bayern neu anfacht.
In Tirol werden mit dem neuen Jahr die Maßnahmen gegen den Lkw-Transitverkehr, wie bereits angekündigt, verschärft. Davon umfasst sind weitere Einschränkungen im Bereich des Nachtfahr- und Euroklassenfahrverbots. So fällt etwa die generelle Ausnahme für Euro 6 Lkw im Nachtfahrverbot - mit Ausnahme von medizinischem Material, leicht verderblichen Waren und dem Ziel-und Quellverkehr. Bayern will sich damit nicht abfinden und droht mit einem EU-Vertragsverletzungsverfahren.
Auch Fahrten im Vor- und Nachlaufverkehr zum Bahntransport werden für diese Euroklassen weiter möglich sein. "Diese Verschärfung wurde notwendig, da mit der bestehenden Ausnahmeregelung die NO2-Grenzwerte (Stickstoffdioxid, Anm.) nicht einzuhalten gewesen wären und wir damit ein EU-Vertragsverletzungsverfahren riskiert hätten", begründete LHStv. Ingrid Felipe (Grüne) den Schritt, der schon 2015 in einer Verordnung festgelegt worden war. NO2-Emissionen hätten außerdem in der Nacht lufthygienisch "deutlich schlechtere Ausbreitungsbedingungen".
Felipe: Umstieg auf Rollende Landstraße als Alternative
Aber auch die Euroklassen 4 und 5 sind von den Maßnahmen umfasst. "Die Ausnahmeregelung für Euroklasse 4 im Ziel- und Quellverkehr wird es ebenso nicht mehr geben, wie die für die Euroklasse 5 im Transit", so Felipe. Auch diese Verschärfung sei bereits 2019 festgelegt worden. Als Alternative bewirbt die Tiroler Verkehrslandesrätin den Umstieg auf die Rollende Landstraße (RoLa). Deren Kapazitäten könnten bei Bedarf "umgehend erhöht" werden, meinte sie.
Bayern überlegt EU-Vertragsverletzungsverfahren
Wegen des ab 1. Jänner von der Tiroler Landesregierung verordneten Nachtfahrverbots auch für Lkw der Schadstoffklasse Euro 6 hat die bayerische Verkehrsministerin Kerstin Schreyer (CSU) ein EU-Vertragsverletzungsverfahren gegen Österreich ins Gespräch gebracht. Wenn Tirol nicht einlenke, sollte die deutsche Regierung "prüfen", ob sie so ein Verfahren gegen Österreich beantrage, sagte Schreyer der APA.
Die Absicht, auch Lkw der Klasse Euro 6 im neuen Jahr zwischen 20 und fünf Uhr vom Brenner-Transit auszuschließen, hatte bereits Ende November zu einem erbosten Anruf Schreyers bei Tirols Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) geführt. Sie habe dabei auch ihre "Unzufriedenheit über den Mangel an nachbarschaftlicher Abstimmung und Kommunikation bei derart schwerwiegenden Maßnahmen" zum Ausdruck gebracht, betonte Schreyer jetzt erneut.
Schreyer: Keine Verringerung der Schadstoff-Belastung
Die bayerische Verkehrsministerin glaubt nicht, dass die Maßnahme der schwarz-grünen Tiroler Landesregierung - wie von dieser behauptet - zu einer Verbesserung der Luftqualität führen werden. Die verkündete Ausweitung des Nachtfahrverbots auf der Inntalautobahn ab 2021 verhindere vielmehr eine Verkehrsentzerrung selbst für Lkw mit modernsten Abgasnormen, sagte Schreyer. Eine Verringerung der Schadstoff- und Verkehrsbelastung werde nicht erreicht werden, denn die Brenner-Route sei für viele Transporte "alternativlos".
Corona-Pandemie bremste Lkw-Verkehr nicht ein
Die Corona-Pandemie hat den Lkw-Schwerverkehr nicht wesentlich eingebremst. Auch heuer donnerten "weit über zwei Millionen Transit-Lkw" über den Brenner, hieß es. Im Jahr 2019 wurde laut Autobahnbetreiber Asfinag mit 2,47 Mio. Schwerverkehrs-Fahrten über die Brennerstrecke ein neuer Rekord erreicht. "Von einem Einbruch oder tendenziellem Rückgang kann trotz der vielfältigen einschränkenden Maßnahmen im Laufe des Jahres und der schwierigen wirtschaftlichen Situation in Europa nicht gesprochen werden", stellte Felipe fest.