Das sagt ÖSTERREICH

Am Sonntag stellen Sie die Weichen für den Neustart

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Ein Kommentar von ÖSTERREICH-Herausgeber Wolfgang Fellner.

Der wohl verrückteste, ganz ­sicher schmutzigste, vielleicht auch unnötigste Wahlkampf der Zweiten Republik geht heute zu Ende. Und wie in dieser ­Kolumne mehrfach prognostiziert, gibt es auch diesmal in der letzten Woche eine so starke Dynamik, dass man die letzten Umfragen nur als Momentaufnahmen betrachten kann. Der Strache-Skandal stellt diesen Wahlkampf einmal mehr auf den Kopf.

Sebastian Kurz sollte – aller ­Logik zufolge – der große Gewinner in diesem Wahl-Finish sein. Wie bei der EU-Wahl könnten die vom Strache-Spesenskandal enttäuschten FPÖ-Wähler wieder bei ihm landen – und damit die ÖVP in letzter Sekunde neuerlich auf 37 %, vielleicht sogar Richtung 40 % treiben. Dann wird der Sonntag zum großen Kurz-Triumph – sein Neuwahl-Poker wäre voll aufgegangen.

Pamela Rendi-Wagner ist die große Unbekannte im Finish. Die neue SPÖ-Frontfrau, der man noch vor einigen Wochen den Absturz unter 20 % prophezeit hat, hat zuletzt wie ein ­Löwin gekämpft, ganz großes Herz gezeigt. Möglicherweise schafft Rendi mit dem Turbo der letzten Woche und dem Strache-Skandal doch noch jene 25 %, der letzten Wahl. Vielleicht stürzt Rendi, die zumindest die TV-Duelle gegen Kurz verloren hat, aber auch auf 20 % ab.

Norbert Hofer jedenfalls wird das Rennen um Platz 2 bis zuletzt spannend halten. Er ist der Märtyrer dieses Wahlkampfs. Bei der EU-Wahl vom Ibiza-­Video schwer geschädigt, hat ihm nun der Strache-Spesen­skandal seinen exzellenten Wahlkampf in letzter Sekunde zertrümmert. Vier Monate lang hat Hofer als „Mister Nice Guy“ alle blauen Skandale weggelächelt. Er brachte die FPÖ in den Umfragen sogar wieder auf 21 % ganz knapp an die SPÖ heran. Jetzt muss er zittern, dass die FPÖ im Strache-Chaos wieder auf 17 % abstürzt – das hat ihn so mitgenommen, dass er zuletzt den Wahlkampf mit 39 Grad Fieber bestreiten musste.

Werner Kogler steht hingegen vor seinem größten Triumph. Er hat die Grünen bei der EU-Wahl schon aus dem Nichts auf 14 % gebracht. Sonntag geht’s noch um viel mehr – ob er nämlich die von der Klimabewegung wie Popeye gestärkten Grünen erstmals in die Regierung führen kann. Das wäre ein historischer Neustart für Österreich – eine 180-Grad-Wende nach Türkis-Blau.

Tatsächlich geht es bei der Wahl am Sonntag weniger um die Frage, wer Kanzler wird, sondern um das Wähler-Votum, mit wem der neue Kanzler Kurz ab 2010 regieren soll. Natürlich ist die Kanzler-Wahl wichtig, aber die Partner-Wahl wird noch viel spannender:

Wer Norbert Hofer wählt, wählt den letzten Funken Hoffnung auf eine Fortsetzung der an Ibiza gescheiterten ÖVP-FPÖ-Regierung. Groß ist diese Hoffnung nicht mehr, weil das Chaos in der FPÖ täglich größer wird. Aber wenn Norbert Hofer Sonntag wirklich mit über 23 % Platz 2 schafft, wenn er wirklich in seiner Partei aufräumt, kann es sein, dass die „neue“ Hofer-FPÖ wie Phönix aus der Asche zum Noch-einmal-Kurz-Partner wird.

Wer Rendi-Wagner wählt, weiß: Ein klarer, vielleicht haushoher zweiter Platz für die SPÖ erhöht die Chancen auf eine türkis-­rote Koalition. Tatsächlich wäre eine Vizekanzlerin Rendi-Wagner mit einem wirklich erneuerten SPÖ-Team (mit spannenden neuen Köpfen wie Wiens Stadtrat Peter Hanke) eine spannende Option für Kurz. Nicht sexy, nicht neu – aber stabil,  eine Regierung ohne Aufreger und Crash-Gefahr.

Mit Werner Kogler und den Grünen würde Sebastian Kurz die nächste Regierung schaffen, die europaweit für Auf­sehen, vielleicht sogar Vorbild-Wirkung sorgt. Es wäre aber auch die nächste Kurz-Regierung mit hoher Crash-Gefahr. Schon die Regierungsverhandlungen wären zäh. Beim Asyl. In der Umweltfrage. Bei den Steuern. Letztendlich müssten sich die Grünen dann dem Kurz-Kurs unterwerfen, wenn sie ins türkise Bett wollen – und sich dabei auch noch mit den „wirtschafts-liberalen“ Neos auf ­einen „Dreier“ einigen

Vermutlich wird der türkis-grüne Regierungs-Poker im Herbst scheitern – an den korrupten und zerstrittenen linken Wiener Grünen (die 2020 Rot-Grün bei der Wien-Wahl retten müssen) und an vielen Sachfragen (Nulldefizit).

Damit wird die nächste Koalition wohl von den Stimmen für Platz 2 entschieden werden: Schafft Hofer das Wunder und Platz 2? Oder wird Rendi die ­positive Überraschung?

Der Sonntag wird spannend – und stellt die Weichen für den Neustart in Österreich.

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