Analyse von Wolfgang Fellner

Die vier Szenarien für ein Trump- Comeback

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Jetzt werden die Karten werden neu gemischt.

Die Corona-Erkrankung von US-Präsident Donald Trump macht den ohnehin schon verrückten US-Wahlkampf völlig irrational. Jetzt ist nichts mehr vorhersehbar – alles offen.

Vor dem TV-Duell lag Trump in allen Umfragen klar hinter seinem 77-jährigen Gegner Joe Biden zurück – im Schnitt stand es 57 zu 43 für Biden.

Jetzt sind alle Umfragen zu vergessen, die Karten werden neu gemischt.

Alle Experten sind sich ­einig: Die Corona-Erkrankung wird Trump im Wahlkampf helfen – vom „Mitleids“- bis zum „Superman“-Effekt ist alles möglich. Manche Verschwörungstheoretiker glauben sogar schon, dass Trump die Corona-Infektion „gefaked“ haben könnte, um die Wahl zu gewinnen.

Tatsächlich gibt es vier Szenarien im Polit-Thriller „Trump und Corona“:

Szenario 1: Milder Verlauf und rasches Comeback

Wenn Trump seine Corona-Erkrankung trotz oder gerade wegen seines Krankenhausaufenthalts gut übersteht, kann er die Wahl noch dramatisch „drehen“. Dafür muss er aber das Krankenhaus (ohne Sauerstoffbehandlung und Intensivstation) rasch wieder verlassen, in 14 Tagen (dem Ende seiner Quarantäne) wieder in den Wahlkampf zurückkehren und am 15. Oktober (oder am 22. Oktober bei seinem nächsten TV-Duell wieder fit und gesund wirken.

Trumps Strategen planen für diesen Fall bereits ein furioses Wahlkampf-Finish. Trump soll dann im Präsidenten-Jet alle (!) US-Staaten besuchen und am Flughafen Wahlkampf-Auftritte vor Hunderttausenden jubelnden Anhängern absolvieren, die ihn wie „Superman“ bejubeln werden.

Das stark religiöse Ame­rika würde Trumps Comeback wohl wie eine „Auferstehung“ feiern – der unverwüstliche Präsident, den nicht einmal das Virus besiegen kann.

Mit seinem Comeback nach Corona würde die US-Wahl dann ausschließlich zu einer Abstimmung pro oder contra Trump werden. Und Trump hätte dann nicht nur (erstmals) einen deutlichen Sympathiebonus, sondern er würde auch als der deutlich stärkere, robustere, fittere Kandidat als Joe Biden wirken. Das könnte seine Wiederwahl wahrscheinlicher machen.

Szenario 2: Schwieriger Verlauf ohne Wahlkampf-Comeback

Deutlich schwieriger würde die Wahlkampf-Situa­tion für Trump, wenn sich seine Corona-Erkrankung, wie beim britischen Premier Boris Johnson, als komplizierter herausstellt und wenn er (so wie Johnson) auf die Intensivstation des Krankenhauses müsste.

Tatsächlich rätseln die ­US-Medien über die Hintergründe seines Krankenhausaufenthalts: Trump ist eindeutig in der Corona-­Risikogruppe. Er ist 74 Jahre, hat leichte (sprich „milde“) Herzprobleme, ist leicht übergewichtig (110 Kilo), gilt auch als psychisch angeschlagen.

Wenn bei seiner Corona-Erkrankung ernste Probleme auftreten, ist an ein Comeback in 14 Tagen nicht mehr zu denken. Dann muss Trump (wie Boris Johnson) vermutlich zumindest vier Wochen in ärztlicher Betreuung bleiben, kann weder TV-Duelle noch öffentliche Mega-Events bestreiten – von einer Flug-Tour durch ganz Amerika ganz zu schweigen.

In diesem Fall kann Trump bestenfalls die eine oder andere TV-Rede im Wahlkampf-Finish von zuhause halten - und es wird sich die Frage stellen: Wählen die US-Bürger einen Präsidenten, von dem nicht klar ist, ob er wieder völlig gesund wird? Aus Mitleid? Aus Jetzt-erst-recht-Mentalität?

Szenario 3: Lebens­gefährlicher Verlauf – Abgabe der Geschäfte

Falls die Corona-Erkrankung bei Trump wirklich dramatisch wird (und in den USA verlaufen fünf Prozent aller aktiven Corona-Erkrankungen tödlich), ist das weitere Vorgehen von der Verfassung vorgeschrieben: Trump müsste seine Amtsgeschäfte an Vizepräsident Mike Pence übergeben, der würde dann wohl auch als nächster Präsident zur Wahl antreten. Pence ist farblos, war im Wahlkampf nicht präsent – in diesem Fall spricht alles für Joe Biden als nächsten US-Präsidenten.

Szenario 4: Trumps Comeback – als »Möchte­gern-Superman«

Mit Stand heute spricht alles für Szenario 1: Trump wird im Spital rasch „fit-­behandelt“, kehrt noch in dieser Woche ins Weiße Haus zurück, nimmt seinen Wahlkampf mit 15. Oktober wieder auf (inklusive zweier dann vermutlich deutlich gebremster und sympathischer geführten TV-Duelle), lässt sich bei ­Mega-Auftritten in allen entscheidenden Staaten als neuer amerikanischer „Superman“ feiern, den nicht einmal Corona stoppen kann – und hat auch noch einen neuen Wahlkampf-Hit: Gemeinsam besiegen wir jetzt Corona – ich hab euch ja gezeigt, wie das geht!

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