Ein Kommentar von ÖSTERREICH-Herausgeber Wolfgang Fellner.
Die ersten 100 Tage dieser Newcomer-Regierung verdienen eine durchaus positive Bewertung. Während überall in Europa politischer Stillstand herrscht, drücken die Polit-Twins Kurz und Strache auf das Reform-Tempo. Es gab eine Steuersenkung, ein Sicherheitspaket, endlich Deutsch-Klassen in den Schulen.
Die großen Visionen – bei der Ganztagsschule, im Digitalausbau – fehlen noch, aber die Wähler sind mit den ersten Reformen zu über 60 % zufrieden. Wie Sonnen-König Kreisky vor knapp 50 Jahren hat Sebastian Kurz diese Regierung zu seiner Show-Bühne gemacht. Er hat sich – mit nur 31 Jahren strategisch genial – jene Ressorts ausgewählt, bei denen er und seine ÖVP glänzen können.
In den nächsten 100 Tagen wird Kurz – wenn ihm weiter kein Fehler unterläuft – noch stärker zum Show-Star dieser Regierung: Der EU-Rats-Vorsitz wird ihn als „Wonderboy“ neben Macron und Merkel europaweit populär machen – und darauf sind die Österreicher immer stolz gewesen. Und in der Regierung kann Kurz mit seinem „Sparefroh“ Löger jetzt die wirklich große Steuerreform angehen.
HC Strache hat es da viel schwieriger. Er hat in dieser Regierung die wirklich schwierigen Ressorts abbekommen. Als „Bürger-Politiker“ wird er aber Konkurrenz bekommen. Denn Christian Kern findet nach 100 Tagen „Selbst-Suche“ ganz offensichtlich Spaß an der Opposition.
Das bedeutet: Das Land bekommt als Gegenpol zum Show-Kanzler einen sehr sympathischen und kompetenten Oppositions-Chef, der als Ex-Kanzler weiß, wovon er spricht. Wenn Kern die Zeit nutzt, die SPÖ neu als Bewegung aufzustellen, ihr ein modernes Programm zu verpassen und wirklich zu den Bürgern, zur Basis, aufs Land zu gehen, dann wird er Kurz schneller herausfordern, als dem lieb ist.