Ein Kommentar von ÖSTERREICH-Herausgeber Wolfgang Fellner.
Mit wem wird Sebastian Kurz in den nächsten Jahren das Land regieren? Das ist die Frage, die derzeit alle bewegt. Thomas Hofer meinte ironisch, Kurz habe „die Wahl zwischen Pest, Ebola und Cholera“. So wie es aussieht, wird sich Kurz für die – mittlerweile gut heilbare – Cholera entscheiden. Also für Grün.
Für Türkis-Grün spricht derzeit vieles: Es ist die Koalition der Sieger – also eine Regierung, die „sexy“ und in der PR-Sprache „gut verkaufbar“ ist. Es ist auch die richtige Koalition zum wichtigsten Thema: Wie 2017 die Flüchtlingsfrage dominierte, so ist es nun die Klimafrage. Man kann also argumentieren: 2017 war Blau logisch, jetzt ist es Grün.
Für Kurz sicher auch wichtig: International wäre Österreich mit der ersten konservativ-grünen Regierung ein Trendsetter, viel beachtet, wohl auch in der EU mit viel Applaus bedacht.
Der große Vorteil einer Grün-Koalition: Die so lebenswichtigen Themen Umwelt und Bildung stehen im Zentrum des Regierungsprogramms. Österreich kann zum Vorreiter bei Umwelt- und Schulreformen werden – vom Ausbau der Öffis über Lkw-Maut und Öko-Steuer bis zur Offensive bei Ganztagsschulen und Kindergärten. Das wäre wunderbar.
Der große Nachteil einer Grün-Koalition: Die Grünen sind Gift für den Wirtschaftsaufschwung, sie werden die Steuern weiter erhöhen statt senken, und sie sind mit ihrer Willkommenskultur eine Katastrophe für Sicherheit und Asylpolitik im Land.
Das größte Problem: Die Grünen sind der unberechenbarste Partner. Ihre basisdemokratische Struktur bedingt, dass jede nicht-grüne Reform zerredet und blockiert wird.
Deshalb ziehen sich auch die Sondierungsgespräche jetzt schon so elend in die Länge. Bei Türkis-Blau hatte man den Eindruck einer Aufbruchstimmung. Bei Türkis-Grün hat man das Gefühl, alle fürchten sich schon vor der Trauung.
Kogler hat’s die Red’ verschlagen, Kurz schweigt aus Prinzip. Ein Honeymoon sieht anders aus – das ist eher eine Zitterpartie.