Ein Kommentar von ÖSTERREICH-Herausgeber Wolfgang Fellner.
Geschockt von den Umfragen im Sommer haben die drei Großparteien in der letzten Woche – endlich – ihre Schmutzkübel eingepackt, setzen auf Inhalte. Und siehe da: Die Wähler mögen das – alle drei Großparteien legen ein Prozent zu, sind plötzlich im Aufwind, und die Kleinen (Neos, Grüne) kommen unter Druck.
Sebastian Kurz fährt seine traditionell erfolgreiche Wahlkampfstrategie: Zuerst düste er wie Tom Turbo durch alle Bundesländer, mobilisierte seine Basis – und liegt in acht Ländern vorne, in vier sogar über 40 %.
Perfekt zum TV-Wahlkampfstart legt der Kanzler dann – zizerlweis, Tag für Tag – „100 Punkte“ für ein neues Österreich auf den Tisch. Genau das ist es, was Kurz bisher im Wahlkampf gefehlt hat.
Pamela Rendi-Wagner kommt langsam auf Touren. Sie wird sympathischer, ist tatsächlich die „menschliche“ Komponente bei dieser Wahl. Dazu hat sie gute inhaltliche Ansagen zu Öffi-Ticket, Mieten, Mindesteinkommen. Zu wenige wollen sie als Kanzlerin (19 % zu 42 % für Kurz) – aber als Vizekanzlerin wird sie immer denkbarer. Dafür muss die SPÖ aber Zweite werden – und das wird ein harter Kampf.
Die FPÖ tut sich nämlich in diesem Wahlkampf nach wie vor schwer – zu tief sitzt bei den Österreichern der Ibiza-Schock, zu stark ist der Ärger über den Regierungscrash.
Das ständige Betteln um ein Dacapo der ÖVP-FPÖ-Regierung ist als Wahl-Ansage zu wenig – da muss mehr kommen: Die FPÖ wird nur mit einem neuen Sicherheits- und Anti-Asylanten-Wahlkampf der Marke Kickl über 20 % kommen. Als Wahlverlierer mit gar unter 20 % kann sich die FPÖ jede neue ÖVP-Koalition abschminken.
Zwischenbilanz vier Wochen vor der Wahl: Die Großen – ÖVP, SPÖ, FPÖ – werden stärker, die Kleinen schwächer. Kurz steuert vielleicht doch auf 40 % zu, die SPÖ vielleicht auf 24 %. Türkis-Blau wird damit immer unwahrscheinlicher, alles läuft auf Türkis-Rot hinaus.