Im Poker um eine Wien-Koalition ist letzte Woche eine Vorentscheidung gefallen.
Bei der Wien-Wahl kommenden Sonntag ist nicht die Frage spannend, wer gewinnt. Das Rennen für Ludwig ist klar entschieden. Sondern die Frage, mit wem der Sieger in eine Koalition gehen wird. In diesem Poker um eine Wien-Koalition ist letzte Woche eine Vorentscheidung gefallen:
Bürgermeister Ludwig hat das große Wahlkampf-Projekt seiner grünen Koalitionspartnerin Birgit Hebein eiskalt abgeschossen. Die von Hebein propagierte „verkehrsfreie City“ wird von ihm blockiert, weil sie „rechtswidrig“ sei.
Das ist der größtmögliche Eklat, der einer Koalition vor der Wahl passieren kann. Und dieser kecke Schritt des Bürgermeisters zeigt: Michael Ludwig kann seine nächste Koalition aus einer Position enormer Stärke verhandeln. Wenn er bei der Wahl – laut unserer Umfrage – 42 % der Stimmen schafft, hat Ludwig nämlich drei mögliche Koalitionsoptionen:
- Variante 1: Rot-Grün. Die Fortsetzung von Rot-Grün kommt wohl nur mehr infrage, wenn die Grünen bei den Koalitionsverhandlungen regelrecht kapitulieren. Sie müssten nicht nur auf die „verkehrsfreie City“, sondern auch auf ihr Lieblingsprojekt, das „0-Euro-Ticket für Öffis“ verzichten – vor allem aber neue Spielregeln anerkennen, nach denen sie SPÖ-Projekte künftig nicht mehr blockieren können.
Birgit Hebein ist die rot-grüne Koalition zwar so wichtig, dass sie vermutlich noch im Liegen umfallen wird – sie wird den Poker trotzdem verlieren. Denn Ludwig denkt längst an andere Optionen als an die ihm auf die Nerven gehenden Grünen.
- Variante 2: Rot-Türkis. Ludwigs Lieblingskoalition wäre die „alte“ Große Koalition, also Rot-Schwarz – diesmal wohl eine Koalition der einzigen Wahl-Gewinner. Allerdings denkt Ludwig nicht im Leisesten daran, den ÖVP-Wunsch zu erfüllen und Gernot Blümel zum Vizebürgermeister zu machen. Im Gegenteil: Ludwig wird nach seinem Wahlsieg Blümel und Kurz demütigen, indem er ihnen klarmacht: SPÖ-ÖVP kommt nur dann, wenn die ÖVP den Ludwig-Intimfreund Walter Ruck als Vizebürgermeister benennt. Kurz und Blümel müssen nun entscheiden, ob sie ihrem „Parteifeind“ Ruck (und damit der schwarzen Wiener Wirtschaftskammer) das Rathaus überlassen, um den ÖVP-Wiedereinzug ins Rathaus zu retten – oder ob sie ohne Blümel die Koalition platzen lassen. Die ÖVP wird vermutlich als Kompromisskandidatin ihre Geschäftsführerin Bernadette Arnoldner als Vizebürgermeisterin vorschlagen, Ludwig wird auf Ruck bestehen – und Rot-Türkis platzt.
- Variante 3: Rot-Pink. Wer hätte das gedacht? Im Finish wird die unwahrscheinlichste aller Koalitionsvarianten plötzlich immer realistischer. Wenn Ludwig tatsächlich 42 % schafft und die Neos bei rund 7 % liegen, ginge sich wahrscheinlich eine SPÖ-Neos-Koalition im Rathaus aus. Und die wird Ludwig – hört man aus seinem Umfeld – immer sympathischer. Er hätte mit Christoph Wiederkehr von den Neos nicht nur einen pflegeleichten, fast „lehrbubenhaften“ Vizebürgermeister. Wiederkehr ist auch wirtschaftspolitisch am ehesten auf der neuen Ludwig-Hanke-Linie eines „Wirtschaftsaufschwungs“ für Wien mit Hilfen für Start-ups, Kleinunternehmer, Gastronomie. Wiederkehr könnte die große „Bildungsoffensive“ der Neos starten – und die SPÖ könnte im Rest des Rathauses ungestört regieren.
Zusätzlich verfolgt Ludwig mit so einer Koalition auch ein strategisches Ziel: Die ÖVP in Wien als Wirtschaftspartei entmachten – und die Neos als ÖVP-Konkurrenz stärken.
Also: Im Finish der Wahl läuft alles Richtung Rot-Pink.
Wolfgang Fellner