Krieg, Inflation und Unsicherheit

Zahl der EU-Austrittswilligen steigt in Österreich wieder

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Krieg, Inflation und sinkendes Vertrauen in die Politik drücken auch der EU-Stimmung in Österreich ihren Stempel auf.  

"Zwar steht eine deutliche Mehrheit weiter hinter der EU-Mitgliedschaft Österreichs, doch die Zahl jener, die über einen Austritt aus der Union nachdenkt, ist im Steigen begriffen", warnte der Generalsekretär der Österreichischen Gesellschaft für Europapolitik (ÖGfE), Paul Schmidt, am Mittwoch vor dem Hintergrund einer neuen Umfrage zum EU-Meinungstrend.

Laut der Ende September durchgeführten österreichweiten Meinungsumfrage im Auftrag der ÖGfE sprachen sich gut zwei Drittel der Befragten (64 Prozent) dafür aus, dass Österreich Mitglied der Europäischen Union bleibt. 27 Prozent plädierten für einen Austritt aus der Union. 9 Prozent antworteten "weiß nicht" oder machten keine Angabe. Die Zahl der EU-Austrittswilligen in Österreich ist damit so hoch wie zuletzt vor mehr als sechs Jahren.

EU verliert durch Corona-Krise

 "Seit Beginn der Corona-Krise steigt die Zahl jener, die sich einen Austritt aus der EU wünschen", analysiert Schmidt laut Aussendung. "Kurz vor dem Ausbruch der Pandemie im Dezember 2019 lag der Wert noch bei historisch niedrigen 8 Prozent, seither ist er schrittweise um 19 Prozentpunkte gestiegen. Die Zahl der EU-Befürworter und -Befürworterinnen ist im selben Zeitraum, ausgehend von 75 Prozent, um 11 Prozentpunkte gesunken und die Zahl jener, die sich in dieser Frage unsicher sind, um 8 Prozentpunkte zurückgegangen."

Seit Beginn der österreichischen EU-Mitgliedschaft 1995 hat die Österreichische Gesellschaft für Europapolitik insgesamt 66 österreichweite Befragungen zu diesem Thema durchführen lassen. Sie zeigen, dass die Befürworter der EU-Mitgliedschaft stets in der Mehrheit waren. Im Durchschnitt lag ihre Zahl laut ÖGfE bei rund 70 Prozent, die Zahl jener, die sich für den EU-Austritt aussprachen, bei knapp 22 Prozent. Die geringste Zustimmung zur EU-Mitgliedschaft hatte es demnach im Juli 2008 mit 59 Prozent gegeben, die höchste im November 1999 mit 82 Prozent.

Krieg, Inflation und Unsicherheit drücken auf die Stimmung 

"Zukunftspessimismus, gemischt mit Wohlstandsverlust und Politikverdrossenheit bilden jedoch eine Gemengelage, vor der man nicht die Augen verschließen sollte", sagte Schmidt. "Ein dauerhafter Krieg, weitere Eskalationsschritte Russlands sowie Sorgen vor ausreichender Energieversorgung stellen auch die europäische Einigkeit auf die Probe. Dabei gewinnen zunehmend jene Stimmen an Gewicht, die das europäische Krisenmanagement per se kritisieren, ohne aber selbst realistische Alternativen anzubieten." Die Politik müsse sich dieser Situation stellen und immer wieder erklären, warum es für die europäische Sicherheit und das Werte- und Demokratiemodell existenziell sei, sich der russischen Aggression entgegenzustellen, forderte der ÖGfE-Generalsekretär.

In Ungarn hat zuletzt die rechtsnationale Regierung vom Premierminister Viktor Orbán eine Bürgerbefragung zu den Russland-Sanktionen der Europäischen Union angekündigt. Dabei werden die Bürger per Fragebogen befragt, ob sie einverstanden sind mit den EU-Sanktionen gegen Russland hinsichtlich Energieträgern, Rohstoffen und nuklearen Brennstäben.

Die aktuelle Umfrage wurde vom Market-Institut von 26. bis 28. September im Auftrag der ÖGfE durchgeführt. Befragt wurden österreichweit 1000 Personen online. Die maximale statistische Schwankungsbreite beträgt 3,16 Prozent.
 

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